Den Auftakt zum 3. Volume der Mravinsky Edition bei Profil macht eine vom Dirigent selber zusammengestellte Suite aus Tchaikovskys Ballett ‘Dornröschen’. Neben den bekannten Stücken sind darin auch kleine Juwelen enthalten, die man sonst außerhalb von Gesamtaufnahmen nie hört. Mravinsky dirigiert sehr transparent und liebevoll.
Ein weiterer Höhepunkt der Box ist eine sehr differenziert gestaltete Vierte Symphonie von Tchaikovsky. Diese Einspielung von 1957 ist wohl Mravinskys beste Einspielung dieser Komposition. Auch die Fünfte lässt sich gut hören, wenngleich es weitaus bessere Aufnahmen dieser Symphonie gibt.
Auf der 4. CD ist Scriabins ‘Poème de l’Extase’ (1958) zu hören. Die Interpretation ist intensiv, gleichzeitig aber auch sehr narrativ und überaus gefühlvoll, an der Grenze zur Geschmacklosigkeit.
Kalinnikows Musik ist durch die national-russische Bewegung beeinflusst, und viele seiner Themen haben volksliedhafte Züge. Es ist eine unproblematische, letztlich aber auch etwas eintönige Musik. Wie sein Kollege Svetlanov, der sich ja sehr für Kalinnikov eingesetzt hat, kann Mravinsky die Musik der 2. Symphonie mit vielen Farben und lyrischen Streicherklängen wirksam werden lassen.
Nicht gerade zum Ruhm des Dirigenten gereichen die tief romantisch gestalteten Weber-Ouvertüren, die unter instabilen Hörnern und einem generell unpräzisen Orchester leiden. Auch die Orchester-Auszüge aus Wagner-Opern sind nicht gerade vom Feinsten.
Yevgeny Mravinksys Aufnahme von Shostakovichs Achter Symphonie ist ungemein spannungsvoll und intensiv. Kraftvolle Steigerungen, elektrisierende ruhige Passagen erzeugen in den Sätzen 1, 2 und 4 eine Atmosphäre der Trostlosigkeit und Verödung. Bilder von einem mit Toten übersäten Schlachtfeld tauchen auf.
Mit unerbittlicher Rhythmik und dem Kontrast fahler und greller Farben wird das Allegretto zum packenden Erlebnis. Das ja etwas disparate Finale wirft alle Fragen auf, die der Komponist sich stellt und erzeugt genau die Ratslosigkeit, die wohl beabsichtigt war.
Die in dieser Box enthaltene Aufnahme entstand im Juni 1947 und war erst dreieinhalb Jahre zuvor unter der Leitung von Jewgeni Mravinsky, dem sie auch gewidmet ist, uraufgeführt worden. Das gibt dieser Aufführung den Rang eines ganz besonderen Tondokuments.
Ebenso interessant wie gut ist die Aufnahme der 8. Symphonie von Anton Bruckner. Auf einen wirklich spannenden erster Satz folgt ein ungestümes und im Grundton frohgemutes Scherzo. Sehr differenziert, nicht weihevoll, aber dramaturgisch wunderbar angelegt ist das Adagio.
Das Finale unter Mravinsky ist eines der dramatischsten und aufgewühltesten, die ich je gehört habe.
Die Transfers der alten Mono-Aufnahmen sind recht gut, und es wurde wohl ein Maximum an Klanglichkeit daraus gewonnen.