Selten hat eine politische Entscheidung im Kulturbereich einen derartigen Sturm der Entrüstung ausgelöst wie die Ankündigung der Stadt München und des Freistaates Bayern, trotz aller deutlichst gemachter Versprechungen, keinen neuen Konzertsaal in München zu bauen, sondern ab 2020 den Saal des Gasteig zu renovieren.
Der Bariton Christian Gerhaher ist entsetzt über die Entscheidung, den Gasteig umzubauen. Es sei verheerend, dass München keinen neuen Konzertsaal bekomme, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Dessen Intendant Ulrich Wilhelm kritisierte den Umbauplan, sprach von einem « schweren Schlag »: « Die Entscheidung, auf einen zusätzlichen Konzertsaal für München zu verzichten und stattdessen auf eine aufwändige Sanierung der bestehenden Säle zu setzen, ist ein schwerer Schlag für die weltweit berühmte Orchesterkultur Bayerns und eine folgenschwere Entscheidung. Wir haben schon heute zu wenig Kapazität für große Orchestermusik in München, die Umbauzeit wird eine zusätzliche Lücke ins Konzertleben reißen. Die Klangkörper des Bayerischen Rundfunks, die seit Jahrzehnten mit großem Einsatz das Klassikleben in Bayern stärken, werden dadurch in ihren Entwicklungsmöglichkeiten genauso geschwächt, wie alle anderen Orchester und privaten Veranstalter. Ich bin sehr enttäuscht über dieses Ergebnis einer zehnjährigen intensiven Debatte. » Wilhelm hofft, dass die Entscheidung gegen einen zusätzlichen Konzertsaal für München noch nicht das letzte Wort in der Debatte ist.
Michael Piazolo, Vorsitzender Kunstausschuss Landtag sprach von einer « Fehlentscheidung ». Die Vereinigung der Kulturveranstalter in München schrieb in einer Pressemitteilung: « Der aktuelle Plan ist eine Verschlechterung des Status quo. »
Die Münchner Abendzeitung kommentierte: « Aber wer auch immer Seehofer und Reiter in den letzten Tagen beraten hat: Eine Idee, wie sich die Klassische Musik weiterentwickeln könnte, haben Seehofer und Reiter nicht. Mit jüngeren Orchestermusikern scheinen sie auch nicht gesprochen zu haben. Jeder ihrer Sätze triefte von einer Wurstigkeit und einem Desinteresse an kulturellen Themen, die einem Angst machen kann. »
Auch aus der Politik kommt Kritik. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte, in München fehlten schon heute Konzertsaalkapazitäten. Dabei stiegen Einwohnerzahl und Nachfrage. Der Grünen-Politiker Sepp Dürr sprach von der « dümmsten Lösung ».