Grazyna Bacewicz: Sonate Nr. 3 für Violine und Klavier; Leonard Bernstein: Sonate für Violine und Klavier; Lili Boulanger: Zwei Stücke, D’un matin de printemps; Nadia Boulanger: Trois pièces (No. 1 Modéré); Astor Piazzolla: Le Grand Tango (Arr. Sofia Gubaidulina); Merel Vercammen, Violine, Dina Ivanova, Klavier; 1 SACD TRPTK TTK 0064; Aufnahme 09-10.2020; Veröffentlichung 30.04.2021 (71'09) – Rezension von Uwe Krusch
Die Komponistin Nadia Boulanger hat ein überschaubares Werk hinterlassen. Als Lehrerin und Inspiratorin unzähliger nachfolgender Komponierender dagegen ist sie Legende, gerade auch viele US-amerikanische Komponisten studierten bei ihr. Weil sie so viele junge Musiker in ihrer nimmermüden Sechstagewoche unterrichtete, erhielt sie den Kosenamen Boulangerie, also Bäckerei. Insofern ist die Hülle wegen ihrer optischen Gestaltung mit zwei Croissants sowohl irreführend als man sie auch als subtil augenzwinkernd sehen kann.
Aus dem Kreis ihrer Schüler und von besonders Inspirierten haben die Interpretinnen drei beispielhafte, wenn auch weniger bekannte Kompositionen ausgewählt und in geringen Dosen ihre eigene Handschrift eingebracht, wie im Beiheft erläutert. Verwoben haben sie diese längeren Werke mit kürzeren Stücken aus dem Schaffen von Nadia Boulanger und ihrer jung verstorbenen Schwester Lili.
Die niederländische Geigerin Merel Vercammen gestaltet dieses Programm zusammen mit der russischen Pianistin Dina Ivanova. Noch jung an Jahren wissen sie dennoch ihre Deutung der vorgestellten Musik mit einer persönlichen Note zu versehen. Neben der mit eleganter und sicher gestaltender Hand ausgeführten technischen Umsetzung überzeugen sie durch eine Sicht, die sich genauso zupackend formulierend wie dezent flüsternd äußern kann und noch eine Vielzahl Schattierungen dazwischen zeigt. Ergänzt wird dieses feine Ergebnis durch eine ebenso klar strukturierte wie voll klingende Aufnahme, die die beiden Instrumente jeweils für sich zeichnet als auch den Klang zusammen führt.
The composer Nadia Boulanger left a modest oeuvre. However, she is a legend as a teacher and inspirer of countless subsequent composers, and many American composers studied with her. Because she taught so many young musicians in her tireless six-day week, she was given the nickname Boulangerie, meaning bakery. In this respect, the cover with two croissants is as questioning as subtle.
From the circle of their students and from particularly inspired ones the performers have chosen lesser-known works and have added their own signature in small doses, as explained in the booklet. They have interwoven these longer works with music by Nadia Boulanger and her sister Lili, who died young.
The Dutch violinist Merel Vercammen performs this program together with the Russian pianist Dina Ivanova. Still young in years, they nevertheless know how to add a personal touch to their interpretation of the music presented. In addition to the elegant and confident technical realization, they convince with a view that can express itself just as strongly as discreetly whispering and still shows a multitude of shades in between. This fine result is complemented by a recording that is as clearly structured as it is full-sounding, drawing the two instruments separately as well as bringing the sound together.