Zuweilen sind es seltsame Zufälle, die einen nachdenklich stimmen: Nur Tage vor der Veröffentlichung dieser CD marschieren rechtsradikale Deutsche mit Hitlergruß und ausländerfeindliche Parolen skandierend durch die Stadt Chemnitz. Erstes Werk der vierten CD des Aris Quartett: Shostakovich c-Moll-Streichquartett Nr. 8, das der Komponist in kürzester Zeit schuf, nachdem ihn 1960 der Anblick des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Dresden so unglaublich tief getroffen und erschüttert hatte. Gewidmet hat er es den Opfern von Krieg und Faschismus.
Wenn Anna Katharina Wildermuth und Noémi Zipperling (Violine), Caspar Vinzenz (Viola) und Lukas Sieber (Violoncello) diese Musik spielen, so wollen sie dies nicht als oberflächliches Statement verstanden wissen: Denn so intensiv die Musiker dieses Werk hier musizieren, hat es eine unbedingte Aussage. Und die wird schon allein durch eine brillante Aufnahmetechnik deutlich und kristallklar, mithin also unmissverständlich artikuliert. Der Klang könnte berückender kaum sein: Der Zuhörer wird mit dem ersten Ton mitten ins klangliche Geschehen gezogen, ja gerissen, so rein und transparent gelingt die Interpretation bei Shostakovich. Bilder drängen sich auf – das Booklet eskortiert den Zuhörer kundig und informativ.
Die Musiker zeichnen diese bedrückenden Bilder kraftvoll nach, erzählen ihre Geschichte eindringlich. Die Aufnahme erschafft dabei eine faszinierende Räumlichkeit, in der man sich den Instrumenten einerseits unglaublich nahe wähnt, und die im Pianissimo plötzlich wie aus weiter Ferne erklingen. Das Spiel mit der Dynamik, das das Aris Quartett hier meisterhaft betreibt, verleiht der Musik geradezu etwas Plastisches, die Homogenität ist beglückend.
Auf Shostakovich folgt das d-Moll-Streichquartett von Franz Schubert. Beide biografisch inspirierten Stücke eint jedoch der Topos des Existenziellen, Tod und Vergänglichkeit, Leben und Hoffnung. Genauso intensiv wie beim ersten gelingt auch die Wiedergabe des zweiten Werks, in dessen Verlauf Schubert sein Lied „Der Tod und das Mädchen“ aufgreift. Auch hier erzählt das Aris Quartett fesselnd, erzeugt zwischen den Polen des Kammermusikalischen und des Sinfonischen eine knisternde Spannung. Der lyrische Ton im Andante ist dabei von ergreifender Grazie – ein Geschenk.