Prokofievs Kantate für den 20. Jahrestag der Oktoberrevolution ist alles andere als eine musikalische Hymne an diese Revolution. Im Gegenteil: die Musik, die Prokofiev 1936 komponierte, enthält nichts Positives und nichts Verherrlichendes. Sie ist, unter dem Strich, eine Summe kriegerischer und verängstigter Klänge, die den Komponisten 1937 dazu gebracht haben mag, das Werk vorerst mal nicht zu veröffentlichen, um nicht den Zorn des Regimes hervorzurufen. Eine durch die ausgewählten Texte so sarkastische und im Grunde subversive Betrachtung der Revolution und von Stalins neuer Verfassung wäre bestimmt schlecht angekommen zu einem Zeitpunkt als der Stalin-Terror auf seinem Höhepunkt war und Hundertausende Menschen das Leben kostete.
Stalin, der Lenin nach dessen Schlaganfällen einfach ausschaltete, hätte u.a den zarten Gesang zu Ehren Lenins in gutem Mütterchen-Russland-Stil kaum geschätzt, zumal die Musik zu seiner ‘Verfassung’ im letzten Teil eher beängstigend klingt.
Diese Unterschiede, diesen Sarkasmus des Komponisten arbeitet Kirill Karabits in seiner Interpretation gut heraus, und die Musik bekommt über weite Strecken einen motorisch-apokalyptischen Charakter, die Prokofievs eigene Stimmung wiedergibt, betrachtete er sich doch nach seiner immer noch ganz verständlichen und mit Spielschulden im Ausland nicht zu erklärenden Rückkehr in die Sowjetunion gewissermaßen als Staatsgefangener, wie Prokofievs Biograph Victor Seroff in seiner Biographie ‘Eine sowjetische Tragödie’ schrieb.
Entsprechend ist diese Interpretation nicht wirklich monumental und vermeidet jeden Revolutionspathos. Karabits arbeitet in seiner durchgehend spannungsvollen Wiedergabe vor allem die explosive Energie des Stückes heraus.
Die Staatskapelle Weimar mit zusätzlicher Untersetzung des Luftwaffenmusikkorps Erfurt und der Senff-Chor setzen dieses Dirigat sehr gut um, und die Aufnahme verstärkt den schnittigen, extrem klaren und transparenten Ensembleklang.
Kirill Karabits frees Prokofiev’s October Revolution Cantata from any possible revolutionary pathos, so enhancing the satirical and destructive character of the music, which Prokofiev didn’t dare to publish. The large ensemble reunited for this performance delivers a tenseful and slender sound superbly caught by the microphones.