Was dem Luxemburger sein Belgier und dem Norddeutschen der Ostfriese, also als tolpatschig und dümmlich verunglimpfte Nachbarn, sind den Musikern die Bratschen. Wenn in der Musikwelt irgendwer ihnen den Rang streitig machen kann, dann das auch als Blötflocke verschriene Instrument, dem man auch nachsagt, man könnte zwei davon nur stimmen, indem man eine totschlage.
Dass dies bei ausgewiesenen Spezialisten wie Dorothee Oberlinger nur bösartige Behauptungen sind, zeigt einmal mehr die leidenschaftliche Musik vereinende abwechslungsreiche Sammlung aus dem Übergang von Renaissance zum Barock. In wechselnden Besetzungen von solistischer Bestätigung bis zum Ensemble reicht die Palette der eingespielten Stücke, die alternierend gruppiert sind. Um einem Kern von Komponisten aus Mailand sind es alles italienische Meister, die hier zu Gehör kommen.
Dorothee Oberlinger kann in den tiefen Registern ihrer Instrumentenfamilie warme vollklingende Töne erzeugen wie auch in den Diskantlagen markant melodische Höhenflüge anstimmen. Beispiele hierfür ist die solistische Ricercata terza von Bassano. Der hier doppelt auftretende Dmitry Sinkovsky beherrscht sowohl die Melodieführung wie auch die Stimmungsauslotung ebenso auf der Violine wie etwa bei der Sonate von Fontana sowie bei den Gesangspartien von Monteverdi und Merula. Das kleine Ensemble 1700 ist nicht nur ein eigenständiger Begleiter im Continuo, der mit elegant pointierter Gestaltung italienische Landschaften zaubert. Seine Mitglieder können sich auch solistisch überzeugend ausdrücken, wie Marco Testori in der Passa Galli von Vitali, wie Luca Pianca im Capriccio cromatico von Melli und Jeremy Joseph in der Toccata Settima von Rossi.