Die Konzerte mit den Stipendiaten der Musikakademie Liechtenstein sind wie eine Wundertüte – mit dem Unterschied, dass man hier als Zuhörer immer gewinnt und es nur um das Maß an musikalischem Genuss geht. So auch beim rezenten Konzert in Eschen mit den Meisterschülern von Ruben Dalibaltayan. Guy Engels berichtet.
Auch diesmal durfte man wieder verblüfft sein über die wunderbare Symbiose von technischer Brillanz und interpretatorischer Raffinesse. Das begann mit der erst neunjährigen Frieda Magdalene Hollmer. Die junge Musikerin reicht knapp mit den Füssen ans Pedal ansonsten ist das Klavier für sie schon jetzt wie eine zweite Haut. Den März aus Tschaikowskys „Jahreszeiten“ spielt sie ausdrucksstark, eine sehr persönliche Interpretation. Ihren Sinn für feine Kontraste und klassische Eleganz und Leichtigkeit bewies sie anschließend im Allegro von Joseph Haydns Klaviersonate in F-Dur.
Gute Interpretationen zeichnen sich nicht ausschließlich durch Virtuosität aus, sondern noch mehr durch Gestaltungsvermögen, Leidenschaft und kommunikatives Spiel.
Diese Eigenschaften prägten den Auftritt der drei folgenden jungen Musiker. Zunächst war es Mattias Antonio Glavinic, der es wie selbstverständlich verstand, in Alberto Ginasteras Danzas argentinas diese sehr eigene Mélange aus Melancholie und südamerikanischer Lebensfreude zu schaffen. Den tänzerischen Elementen verlieh er einen geradezu jazzartigen, improvisatorischen Charakter.
Ähnliches gelang auch Sebastian Rauch mit „Basso ostinato“ von Rodion Shchedrin. Es war schon bemerkenswert, wie der Pianist die strenge Form in stetig neuer Gestaltung aufbrach und fantasievoll mit technischer Raffinesse anreicherte.
Um Form geht es auch bei J.S. Bach, einer der Lieblingskomponisten von Yuanhan Lu. Er spielte Aria und Auszüge aus den Goldberg-Variationen, wobei er mit viel Stilsicherheit dem rein mechanischen Aspekt dieser Komposition aus dem Weg ging. Auch wenn wir nur zehn der Variationen hörten, blieb nie der Eindruck des Fragmentarischen.
Ballade kommt von ‘ballare – tanzen’. Diese Bewegung von zarten, anmutigen Tanzschritten ließ uns Can Sarac in der Einleitung zur Chopin-Ballade Nr 2 erleben. Die Musik fließt ruhig, geradezu idyllisch, bis urplötzlich große Leidenschaft ausbricht, ein Sturm an Emotionen. Vor allem dieser packende Kontrast prägte die Interpretation, verlieh ihr Ecken, Kanten sowie intime Momente.
Ein schönes Relief hatte auch Beethovens Sonate Nr. 30 (Vivace und Prestissimo) in den Fingern von Hao Wei Lin. Sein dramaturgisches Gestaltungsmittel waren klug eingeschobene Rubati, die immer wieder für innere Spannung sorgten, was besonders im Prestissimo gut gelang.
Spannung, vibrierende Klänge und Stimmungen bescherte uns Ivan Petrovic-Poljak mit Ravels Scarbo aus ‘Gaspard de la nuit’. Ein ums andere Mal gelang es dem Pianisten, mit den Erwartungen der Zuhörer zu spielen, den Notentext mit seinem dämonischen Grundton sehr persönlich und authentisch zu gestalten.
Mit Nikita Khnykin erlebten wir zum Abschluss einen weiteren, ausdrucksstarken Interpreten, der sich mit Wucht und großer Energie in den Auftaktsatz von Prokofievs 6. Sonate stürzte. Scharf und robust modellierte er das marschartige Hauptthema, dem er eine innige und reizvoll ausmusizierte Mittelepisode entgegenstellte.
Das Konzert sowie die Interviews mit den Studenten können Sie online unter www.kulmag.live kostenlos und jederzeit anschauen!