Bach und Beethoven lösten bei Johannes Brahms wiederholt Alpträume aus. Zu übermächtig waren in seiner eigenen Wahrnehmung die Fußstapfen der zwei großen Bs. Zu Unrecht, wie wir heute wissen. Denn Brahms, und auch Bruckner, haben aus den zwei ein B-Quartett gemacht, das unverrückbar in der Musikgeschichte steht.
Brahms hat sich offensiv mit seinem Vorbild Bach auseinandergesetzt und u.a. die Chaconne aus der zweiten Violin-Partita für Klavier bearbeitet. Und wenn schon Brahms davon spricht, dass Bach hier ein ganzes Universum geschaffen hat, dann kann man das ebenso von Anna Vinnitskaya behaupten. Sie spielt die Chaconne gänzlich unaufgeregt, dafür aber mit vibrierender innerer Leidenschaft und einer Vielzahl an Klangnuancen. Die Pianistin nimmt sich innerhalb des formalen Korsetts die nötigen Freiheiten, um den Notentext sehr persönlich zu gestalten, ohne Bach-Brahms zu widersprechen.
Pralles Lebensgefühl, Romantik in all ihren Schattierungen – von zarter Melancholie bis hin zu ungezügelter Leidenschaft – lassen die Klavierstücke, die Rhapsodien und die Fantasien geradezu aufblühen. Anna Vinnitskaya versteht es, immer wieder Spannung aufzubauen, Brahms verwobene und komplexe Harmonien nie verflachen zu lassen. Sie führt ihnen stets neuen gestalterischen Sauerstoff zu, bevorzugt in kleinen Dosen, um die vielen intimen Momente von Brahms’ Musik nicht zu verletzen.
Vivid and truly romantic Brahms performances, with a subtle mix of passion and tenderness.