Wenn der im Februar 2020 verstorbene niederländische Musiker Reinbert de Leeuw hauptsächlich als Dirigent bekannt war, so gibt es von ihm auch einige Kompositionen, darunter die beiden Orchesterwerke, die auf dieser CD zu hören sind.
‘Der Nächtliche Wanderer’ aus dem Jahre 2013 wurde von dem gleichnamigen Gedicht Friedrich Hölderlins inspiriert (Hu! der Kauz! wie er heult, Wie sein Furchtgeschrei krächt. Erwürgen – ha! du hungerst nach erwürgtem Aas, Du naher Würger, komme, komme…).
Das Stück beginnt mit einem elektronisch zugespielten Gebell eines Hundes. Ansonsten bleibt die Musik sehr ruhig und atmosphärisch, bis etwas Bewegung hineinkommt, die wohl kommende Ereignisse ankündigt. Die Partitur ist eine Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit und dem Alleinsein des Menschen im Tod. Glocken und Ticken erinnern an den Ablauf der Zeit. Spannung wird ruhevoll auf- und mit grellen Streichern und brutalen Perkussionsschlägen abgebaut, bevor sich wieder die unheimliche Stille mit kaum vernehmbaren Klängen einstellt. Dass Ganze hat einen Hauch von Horrorfilm-Musik.
Nicht weniger außergewöhnlich ist das zweite Stück auf dieser CD, ‘Abschied, Symphonische Dichtung für großes Orchester’ (1971-1973). Die Musik ist ständig in Bewegung, obwohl zerklüftet und archaisch, manchmal wie spasmisch, manchmal furios und mitunter grotesk. Von was de Leeuw letztlich Abschied nehmen wollte, wird nicht ganz klar. Als Hörer habe ich vom Nächtlichen Wanderer mehr davon getragen als von diesem Abschied.
Beide Stücke werden auf hohem, Niveau musiziert und die Tonaufnahme ist vorzüglich.
If the Dutch musician Reinbert de Leeuw, who died in February 2020, was known mainly as a conductor, there are also some compositions by him, including the two orchestral works heard on this CD.
‘Der Nächtliche Wanderer’ from 2013 was inspired by Friedrich Hölderlin’s poem of the same name (Ho! the owl! how it howls, how his cries of fear shriek. Strangle – ha! you hungry for strangled carrion, you near strangler, come, come…).
The piece begins with an electronically played barking of a dog. Otherwise, the music remains very quiet and atmospheric until some movement appears, probably heralding coming events. The score is an exploration of mortality and man’s aloneness in death. Bells and ticking remind us of the passage of time. Tension is calmly built and released with lurid strings and brutal percussion beats before the eerie silence returns with barely audible sounds. The whole thing has a touch of horror movie music.
No less extraordinary is the second piece on this CD, ‘Abschied, Symphonic Poem for Large Orchestra’ (1971-1973). The music is constantly in motion, though jagged and archaic, sometimes as if spasmodic, sometimes furious and occasionally grotesque. What de Leeuw ultimately wanted to say goodbye to is not entirely clear. As a listener, I took more away from the Nächtlicher Wanderer than from this farewell.
Both pieces are performed at a high level and the recording is excellent.