Die Interpreten haben sich der ersten Fassung von 1749, wohl als Ersteinspielung, dieser Tragédie lyrique von Jean Philipp Rameau gewidmet. Damit haben sie die Version gewählt, die zu ihrer Entstehungszeit quasi durchfiel und bis 1756 in drei der fünf Akte völlig neu konzipiert wurde. Man darf also getrost von zwei Opern sprechen.
Die mit vielen Stationen und Personen gespickte Handlung ist vereinfacht der Nachfolgestreit um den vakanten Königsthron. Abramane und Zoroastre sind die beiden Protagonisten, wobei der Erstere der Vertreter des Bösen und der Letztere des Guten ist. Ebenfalls nicht fehlen darf die Liebe. Amélite und Erinice sind die beiden begehrten Damen. Zum guten Schluss heiraten Zoroastre und Aménite und übernehmen auf Bitte des Volkes die Herrschaft.
In diesem Werk überschreitet Rameau die Vorgaben der Tragédie lyrique deutlich. Bereits das altorientalisch-exotische Sujet ersetzt eines aus der griechisch-römischen Mythologie. Die Handlung entwickelt sich dramatisch mäandernd in den Kämpfen zwischen Gut und Böse, nicht linear. Erstmals verzichten Rameau und sein Textdichter Cahusac auf einen Prolog. Dafür erhält die Ouvertüre eine programmatische Bedeutung. Stimmlich unterscheidet sich der von einem Countertenor gesungene Zoroastre von den männlichen Gegenspielern, ausnahmslos Bässe. Das zeigt sich auch instrumental, da die guten Personen durch hohe Holzbläser charakterisiert werden, die Bösen durch zwei Fagotte und geteilte tiefe Streicher.
Mit 130 kurzen Abschnitten ist das Werk kleinteilig angelegt. Mit zehn Sängern für 17 Rollen wird zusammen mit Chor und Orchester ein großer Apparat benötigt. Alexis Kossenko, der Dirigent dieser Einspielung, hat zwei Orchester zusammen gefügt, Les Ambassadeurs und La Grande Ecurie. Somit gebietet er über eine große Besetzung, die von hervorragenden Solisten gekrönt wird.
Die beiden Orchester haben nahtlos zueinander gefunden. Das sollte auch nicht verwundern, ist doch Kossenko von beiden der Leiter. Er animiert seine Ensembles zu ebenso rhythmisch pointierten wie frischem Spiel. Dabei haben sie ihren Klang poliert und streben ein schönes Hörerlebnis an. Die kurzen Strukturen bieten dabei nur begrenzte Entwicklungschancen.
Der Choeur de Chambre de Namur, der gerne für solche Aufnahmen hinzugezogen wird, passt sich mit zupackender Energie und sicherem Auftritt an. Nicht alle Beiträge werden jedoch mit guter Homogenität und musikalisch überzeugender Feinheit angeboten.
Die Solisten können durchweg überzeugen. Einige stammen aus dem Chor. Jodie Devos, Nachwuchssängerin 2015 der ICMA, als Amélite und Véronique Gens als ihre Gegenspielerin Erinice, sind die wesentlichen weiblichen Protagonistinnen. Sie können in diesem Werk kaum einmal zusammen singen geschweige denn einen musikalischen Divenstreit entfachen. Aber beiden beleben mit gestalterischer Finesse und Überlegenheit ihre in dieser Fassung nebensächlichen Rollen.
Reinoud van Mechelen trägt in der Rolle des Zoroastre wesentlich zum Gelingen bei. So einfühlsam wie stilvoll bereitet er die Rolle auf. Seine kraftvolle, gleichwohl wohlklingende und dabei agile Stimme macht ihn zum idealen Interpreten, um eine starke Persönlichkeit darzustellen. Tassis Christoyannis als seinem Gegenpart gelingt es sehr gut, die dunkle Seite mit der Qualität seines Gesangs zu füllen, wobei auch er beste Textverständlichkeit bietet.
Auch die übrigen Rollen finden überzeugende Interpreten, die in Qualität und Ausstrahlung keine Wünsche offen lassen. Auch die Solistinnen aus dem Chor fügen sich gut ein.
So ist diese Aufnahme inklusive des umfangreichen Beihefts mit Libretto und der gelungenen technischen Realisierung eine interessante Erweiterung des Katalogs.
The performers have dedicated themselves to the first version of 1749, probably as the first recording, of this Tragédie lyrique by Jean Philipp Rameau. In doing so, they have chosen the version that virtually fell through at the time of its creation and was completely reconceived in three of the five acts by 1756. One can therefore confidently speak of two operas.
The plot, peppered with many scenes and characters, is simplified as the succession dispute over the vacant royal throne. Abramane and Zoroastre are the two protagonists, the former being the representative of evil and Zoroastre of good. Also not missing is love. Amélite and Erinice are the two desired ladies. Finally, Zoroastre and Aménite marry and, at the request of the people, take over the reigns.
In this work, Rameau clearly exceeds the guidelines of the tragédie lyrique. Already the ancient oriental-exotic subject replaces one from Greco-Roman mythology. The plot develops dramatically meandering in the struggles between good and evil, not linearly. For the first time, Rameau and his librettist Cahusac dispense with a prologue. Instead, the overture takes on programmatic significance. Vocally, Zoroastre, sung by a countertenor, differs from his male counterparts, all of them basses. This is also evident instrumentally, as the good characters are characterized by high woodwinds, the bad ones by two bassoons and divided low strings.
The work is laid out in 130small sections. With ten singers for 17 roles, a large apparatus is required along with chorus and orchestra. Alexis Kossenko, the conductor of this recording, has put two orchestras together, Les Ambassadeurs and La Grande Ecurie. Thus he commands a large cast crowned by outstanding soloists.
The two orchestras have come together seamlessly. This should come as no surprise, since Kossenko is the leader of both. He animates his ensembles to play in a way that is as rhythmically pointed as it is fresh. In doing so, they have polished their sound and strive for a beautiful listening experience. The short structures offer only limited opportunities for development.
The Choeur de Chambre de Namur, which is often called in for such recordings, adapts with gripping energy and assured performance. Not all contributions are offered with captivating homogeneity and musically convincing subtlety.
The soloists can convince throughout. Some are from the chorus. Jodie Devos, 2015 ICMA Young Artist, as Amélite and Véronique Gens as her antagonist Erinice are the essential female counterparts. They can barely sing together once in this work let alone spark a musical diva’s quarrel. But both enliven their roles, which are incidental in this version, with gestural finesse and superiority.
Reinoud van Mechelen contributes significantly to the success in the role of Zoroastre. He prepares the role as sensitively as stylishly. His powerful, yet melodious and agile voice makes him the ideal interpreter to portray a strong personality. Tassis Christoyannis as his counterpart succeeds very well in filling the dark side with the quality of his singing, whereby he also offers best text comprehension.
The other roles also find convincing interpreters, who leave nothing to be desired in quality and charisma. The soloists from the chorus also fit in.
Thus this recording, including the extensive supplement with libretto and the successful technical realization, is an interesting addition to the catalog.