Zwei jüngste Kompositionen stellt das Orchestre National d’Auvergne Clermont-Ferrand unter seinem Chefdirigenten Roberto Forés Veses digital vor, darunter das vom Orchester mit in Auftrag gegebene Side Roads von Betsy Jolas. Das Werk der französischen Komponistin kam auf Anregung des mit ihr seit langem befreundeten Cellisten Anssi Karttunen zustande, der auch den Solopart übernommen hat. Ursprünglich von ihm als Ergänzung gedacht zu den beiden kurzen Werken Scene von Toru Takemitsu und Grave von Witold Lutoslawski, beide für Cello und Streichorchester gesetzt, hat es mit zwanzig Minuten eine eigene Größe erreicht, die auch eine alleinige Aufführung zulässt.
Karttunen kann hier seinen kraftvollen und zugleich nicht auftrumpfenden Stil in bester Manier entfalten, da er über mehrere gemeinsame Projekte mit der Komponistin bestens vertraut ist. Dieses immer melodiös getragene Werk erkundet im persönlichen Stil seiner Erschafferin, eben auf Nebenwegen abseits von Vorgaben, klangliche Möglichkeiten im Zusammenwirken von Cello und Streichorchester. Entstanden ist ein angenehm selbstbewusst klingendes Werk, das vom Solisten getragen wird.
Das zweisätzige Prélude symphonique von Thierry Escaich, ebenfalls französischer Komponist, der eine Residenz beim Orchester innehat, entstand als Auftragswerk der Beethovenhalle Bonn. Diese Partitur ist eine kraftvolle und virtuos vibrierende Hommage an Beethoven aufgrund seiner beiden Klaviersonaten Waldstein und Pathétique. Ebenfalls für Streichorchester komponiert, versucht Escaich die fehlenden Bläser dadurch zu ersetzen, dass er die Streicher mit besonderen Aufgabenstellungen in Randbereiche zwingt und so neue Klangansätze erforscht. Die zweimal fünf Minuten sind gekennzeichnet durch Rhythmik und Bewegung und halten Musiker und Zuhörer in Bann.
Das Orchester zeigt sich in diesen Konzertmitschnitten als probater Vermittler der Musik. Die verzwickten Anforderungen bei den beiden Sätzen von Escaich bringen das Orchester in lebhaften Schwung, aber nicht aus der Ruhe. Bei Jolas bieten sie Cellisten die Umgebung, in der er seine Spielkünste entfalten und aufblühen lassen kann, ohne dass das Ensemble an den Rand gedrängt wird. Vielmehr tragen sie ihren Teil, dazu bei, dass diesem Stück Atem zum Leben eingehaucht wird. Die Aufnahme im Konzert führt nicht zu Abstrichen in der Qualität.