Andris Nelsons beginnt sein Brahms-Programm mit einer Delikatesse, einer absolut faszinierenden Interpretation der 2. Serenade, einem Werk, mit dem sich der junge Brahms ängstlich auf die Symphonie vorbereitete. Andris Nelsons gestaltet es überaus feinfühlig und wirklich kammermusikalisch. In den langsamen Teilen bringt er die Musik zum Schweben – wobei etliche Flügelschläge durchaus belebend wirken -, in den schnelleren dramatisiert er gerade genug, um dem Charakter des Werks nicht zu schaden und doch viel Lebendigkeit zu erreichen. Auch dunklere Gedanken fließen ganz logisch und intensiv ein. So inspiriert hat man dieses Werk wohl selten gehört.
Nicht weniger bewegend ist die mit größter emotionaler Intensität gestaltete und transparent durchleuchtete Alt-Rhapsodie mit der ungemein ausdrucksvoll und verinnerlicht singenden Sara Mingardo sowie den exzellenten Männerstimmen des Bayerischen Rundfunkchors.
In der 2. Symphonie gibt sich Nelsons über weite Strecken sehr kontemplativ, er ist hier sicher Jansons näher als dem impulsiven, hoch dramatischen Chailly, dessen Nachfolger er in Leipzig wird (während Chailly das hier spielende ‘Lucerne Festival Orchestra’ übernimmt). Nun ist dieser pastorale Charakter in der Zweiten Symphonie gewiss nicht falsch, und die breit fließende Musik, so detailliert, fein und gefühlvoll, manchmal richtig zart dargeboten, wird zu einem fast kulinarischen Genuss.
Mithin ist dies ein überzeugender und teilweise wirklich spannender Mitschnitt des erstes Konzerts des ‘Lucerne Festival Orchestra’ nach der Ära Abbado.