Der aus einem polnischen Musikerhaushalt stammende Mieczyslaw Weinberg lebte den Großteil seines Lebens in Moskau. Dorthin war er gekommen, nachdem er seine erste Symphonie Dmitri Shostakovich gezeigt hatte und dieser sie begeistert aufgenommen hatte. Daraus entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft der beiden großen Komponisten.
Weinbergs Personalstil weist verschiedene Einflüsse auf. Natürlich ist die Musik Shostakovichs für ihn wichtig. Aber bei Weinberg hat die melodische Komponente einen deutlich größeren Einfluss und weniger das motorische Element. Unverkennbar sind Bezüge zu jüdischer Folklore und auch zur Romantik. Nach einigen recht modernen Kompositionen sind seine folgenden Werke durch klare Tonalität gekennzeichnet. In späteren Werken weitet Weinberg das tonale Idiom beträchtlich aus und schreibt eine eher introvertierte, persönliche Musik.
Im Rahmen der Wiederentdeckung dieses Tonsetzers liegen hier die 17. Symphonie mit dem Titel ‘Erinnerungen’ und seine Orchestersuite vor. Die Suite aus dem Jahr 1950 wurde zu Lebzeiten nicht aufgeführt und hier erstmals eingespielt. Sie ist ein glänzender Beweis für das Können des Komponisten. Ihre Satztitel, Romanze, Humoreske, Walzer, Polka und Galopp spiegeln sich in der rhythmischen und eingängigen Musik wieder. Die Suite erinnert deutlich an Shostakovich, auch in ihrem Charme, der schon mit dem kammermusikalisch besetzten Beginn eingeleitet wird.
Die 17. Symphonie mit der Widmung für die Gefallenen des großen vaterländischen Krieges, also des Zweiten Weltkrieges, ist ein rein orchestrales Werk. Sie ist ein gutes Beispiel, um den Personalstil des Komponisten zu erfahren. Trotz des Themas und des auch martialischen zweiten Satzes ist das Werk, gerade auch in der Hörerinnerung mit zum Beispiel der siebten und der achten Symphonie von Shostakovich deutlich melodiöser und weniger rhythmisch geprägt. Die melodiösen Momente sind dafür stark ausgeprägt. Einzelne Passagen erweitern die Harmonik, ohne am tonalen Gesamteindruck zu rütteln.
Das Sibirische Orchester aus Krasnojarsk unter seinem Chefdirigenten Vladimir Lande ist ein sicherer Klangkörper für die vorgestellten Werke. Die Symphonie wird mit dem erforderlichen Engagement dargeboten, um die musikalischen Reize und Finessen zu erleben. Die Suite wird im Unterschied dazu, trotz ihres durch die Komposition vorgegebenen Charmes eher robust, man ist fast geneigt, zu sagen, bauerntölpelhaft gespielt. Da wurde eine Chance vertan.