Karol Szymanowski: Masques op. 34 + Mazurken op. 50 Nr. 1-4, 13-20; op. 62 Nr. 1 & 2 + Vals Romantique + Variationen op. 3: Patricia Arauzo, Klavier; 1 CD IBS 542021; Aufnahme 07.2020, Veröffentlichung 04.2021 (68'30) – Rezension von Remy Franck
Dies ist eine weitere CD, die nach dem ersten Lockdown von 2020 aufgenommen wurde, und von der ich den Eindruck habe, dass in diesem Fall die Pianistin von explosiver Energie erfüllt ist. Mit einer großen dynamischen Bandbreite und ungewöhnlich scharfen und brillanten Klangen gibt die Spanierin Szymanowski zwischen zarter Formulierung und kräftigen, manchmal fast harschen Klängen ein ungewohntes, immer spannungsvolles Klangkleid.
Ihre Interpretation von Masques hat eine sehr spontan wirkende, unerbittliche Klarheit und Präzision, die weniger auf Atmosphäre als auf Rhythmik und Kraft setzt. Hier sind wir sehr weit von Anderszewski entfernt, dessen Klangfarbenreichtum die Sinnlichkeit und Stimmungen den rhythmischen Impulsen vorzog.
Auch in den Mazurken und in der Valse Romantique kommt es zu einer starken, oft feurigen Profilierung der einzelnen Miniaturen, die zusammen ein vielschichtiges Spektrum bilden, in dem sich ruhigere und kräftigere, rhythmisch brillante und intim verhaltene Momente ablösen.
Die Variationen op. 3 leben ebenfalls vor allem von Arauzos kraftvollem, unmittelbar packenden Spiel. Allerdings bleiben die ruhigeren Variationen, vor allem die beiden mit Andantino dolce bezeichnete Variationen seltsam nüchtern und erreichen bei weitem nicht jenen Grad an verinnerlichter Poesie, den Szymon Nehring in diesen Stücken erreicht.
Dennoch muss ich zugeben, dass mich Arauzos Interpretationen neue Aspekte bei Szymanowski haben entdecken lassen. Und das ist ja sicher etwas wert.
This is another CD recorded after the first Lockdown of 2020, and my impression is that the lockdown filled the pianist with explosive energy. With a wide dynamic range and an unusually sharp and brilliant sound, the Spaniard gives Szymanowski an unfamiliar character, always full of tension, alternating between a delicate and a powerful, sometimes almost harsh sound.
Her interpretation of Masques has a very spontaneous, relentless clarity and precision that relies less on atmosphere than on rhythm and power. Here we are very far from Anderszewski, whose richness of colors favored sensuality and moods over rhythmic impulses.
In the Mazurkas and Valse Romantique, too, there is a strong, often fiery shaping of the individual miniatures, which together form a multi-layered spectrum in which calmer and more vigorous, rhythmically brilliant and intimately restrained moments alternate.
The Variations op. 3 also live primarily from Arauzo’s powerful, immediately gripping playing. However, the quieter variations, especially the two marked Andantino dolce, remain strangely sober and fall far short of the degree of interiorized poetry that Szymon Nehring reaches in these pieces.
Nevertheless, I must admit that Arauzo’s interpretations have made me discover new aspects in Szymanowski. And that is certainly worth something.