Anton Bruckner: Symphonie Nr. 7; Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim; 1 DVD Accentus 202177; Bild HD 16:9; Stereo & Surround; 202177; 6/10 (72’20) – Rezension von Alain Steffen

Etwa 30 Jahre nach Barenboims erster Aufnahme von Bruckners 7. Symphonie (mit dem Chicago Symphony Orchestra) ist der Dirigent seinem Konzept treu geblieben. Damals wie in dieser Neuproduktion setzt er den emotionalen Gehalt der Musik in das Zentrum seiner Interpretation. Freilich besaß der ‘junge’ Barenboim schon das Gefühl für das Wesentliche, aber noch nicht die handwerkliche Fertigkeit, über die er heute verfügt. Und natürlich ist Barenboims gegenwärtiges tiefgründiges Empfinden nicht mit seinem unkomplizierten Umgang mit Bruckners Musik Anfang der Achtzigerjahre zu vergleichen.

Barenboim unterscheidet sich von vielen Interpreten, weil er nicht in musikalischen Blöcken denkt, sondern permanent versucht, Bruckners Musik zu verflüssigen. Er beschränkt sich aber heute nicht auf die Hauptmelodien (so wie er das in seiner ersten Aufnahme getan hat) sondern setzt diesen ständig das zweite Thema entgegen. Dazwischen lässt er zudem Raum für die wichtigen Nebenstimmen, die Haupt- und Nebenthema dynamisch auflockern und die Musik quasi in Schichten aufteilen. Und diese Schichten sind permanent in Bewegung, manchmal wirken sie miteinander, manchmal gegeneinander und machen dem Hörer Botschaften deutlich, Momente von Traurigkeit und tiefstem Empfinden, Melodien der Sehnsucht und des Humanen.

Sicher, Bruckner hat musikalische Kathedralen geschaffen, hat das Orchester wie eine Orgel benutzt und immer wieder die Religiosität in ihren Mittelpunkt gestellt. Barenboim wendet sich von diesem Religiösen ab und entdeckt das Göttliche sowie das zutiefst Menschliche in dieser Musik. Hier gibt es plötzlich keine Klischees mehr, sondern nur noch absolute Musik. Und seien wir ehrlich, welcher Dirigent hat es geschafft, Bruckners Musik von allem Weihrauch zu befreien und dabei absolute Musik zu schaffen, die an Eindringlichkeit und Authentizität nicht mehr übertroffen werden kann. Durch diese zutiefst menschliche Botschaft und eine der ereignisreichsten Deutungen einer Bruckner-Symphonie in den letzten Jahren, muss diese Siebte als ein Höhepunkt der Bruckner-Interpretationsgeschichte angesehen werden.

Die Staatskapelle Berlin leistet dabei eine sensationelle Arbeit, die sowohl in spieltechnischer Hinsicht wie auch in Ausdrucksstärke neue Maßstäbe setzt.

Daniel Barenboim’s performance of Bruckner’s Seventh Symphony is absolutely glorious – a long mediation that carry solemn and deeply emotional music with just the right mix of flow and tension.

 

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