Am 28. Mai 2011 verstarb die luxemburgische Cellistin Françoise Groben im Alter von nur 46 Jahren. Nachdem vor ein paar Monaten eine hörenswerte CD-Box bei Hänssler Classic erschienen ist, folgt nun auch eine Biographie der Künstlerin. In ihr hat Damien Francois Sagrillo, Professor an der Universität Luxemburg und Lehrbeauftragter für Musikpädagogik und Musikwissenschaft in Zusammenarbeit mit der Musikwissenschaftlerin Tina Zeiß-Zippel und dem Vater der Cellistin, Joseph Groben, den künstlerischen Werdegang der Musikerin nachgezeichnet.
Selbst Kenner der Szene wird das vielseitige Wirken von Françoise Groben überraschen, denn das Material, das Sagrillo und seine Mitarbeiter hier zusammengetragen haben, ist schon enorm. Auf 270 Seiten und in 28 Kapiteln werden der künstlerische Weg und die Entwicklung der Cellistin sehr präzise aufgedeckt.
Neben den ersten Schritten, ihre Schuljahre in Luxemburg und ihr Musikstudium in Köln wird vor allem ihre Zusammenarbeit mit anderen Musikern erörtert, darunter der 1. Cellist des damaligen RTL-Orchesters, Georges Mallach, Boris Pergamenschikow, bei den sie 1981 als Jungstudentin kam und der Dirigent Pierre Cao. Berichtet wird auch über ihre vielen Konzerte mit dem Orchestre de Chambre de Luxembourg, den Solistes Européens Luxembourg und dem RTL-Symphonieorchester resp. dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg. Man erfährt Wichtiges über ihre Teilnahme am Tchaikovsky-Wettbewerb Moskau im Jahre 1990, wo sie den 2. Preis gewann, und über ihre Jahre mit dem Jugendorchester der Europäischen Gemeinschaft.
Aufgelockert werden die Kapitel durch Auszüge meist guter Kritiken aus dem In- und Ausland. Wesentlich für Françoise Groben war die Kammermusik; hier spielte sie unter anderem im Zürcher Streichsextett, dem Alloys-Ensemble, dem Zehetmair-Quartett und dem Meiniger Trio und mit Partnern wie Graf Murja, Peter Laul, Yuka Kobayashi oder Alfredo Perl. Desweiteren erhält der Leser Informationen zu den vielen Auslandstourneen der Künstlerin. Somit ist der objektiv-künstlerische Teil relativ umfangreich und informativ, doch leider wird die Chance vertan, Françoise Groben als Interpretin und Menschen darzustellen. Alle die, die die Cellistin auf der Bühne erlebt haben, waren von ihrer Musikalität und der Intensität ihrer Interpretationen begeistert, aber wie gerne wäre man hier in dieser Biographie dem Menschen Françoise Groben begegnet, wie gerne hätte man erfahren, wie sie die Konzerte von Shostakovich oder Elgar selbst sah, wie sie probte, sich ein Werk aneignete und warum sie eigentlich nie die Cello-Sonaten von Bach aufgenommen hat. Eine Biographie ist nicht nur eine Aufzählung von Konzerten oder Ereignissen, sie sollte zumindest auch die Person als solche vorstellen. Und dazu gehören sowohl die schönen, wie auch die tragischen Momente. Dies wird hier nicht getan.
Allerdings hat man hat aber den Eindruck, dass es sich nicht um Nachlässigkeit des Autoren und Herausgebers handelt, sondern dass auf Wunsch der Familie, das Privatleben von Françoise Groben ausgeklammert und geschützt werden sollte. Das ist schade, denn so bleibt der jüngeren Generation, also all jenen, die Françoise Groben nicht mehr erlebt haben, vorenthalten, wer diese Person eigentlich war. Nur zum Schluss, im Kapitel Eine einsame Waldhütte erhält der interessierte Leser einige wenige Informationen zum bescheidenen und zurückgezogenen Privatleben dieser wunderbaren Musikerin. Trotzdem ist diese Biografie ein wichtiges Zeitdokument und unentbehrlich für jeden Interessenten der luxemburgischen Klassikszene.
Françoise Groben – Auf den Spuren einer Cellistin aus Luxemburg | Damien François Sagrillo
Editions Schortgen