Eine Frau am Klavier
Mit einem glöckchenklaren Mephistowalzer beginnt ein Liszt-, Bach-, Prokofiev-, Messiaen- und Ligeti-Programm, das die Pianistin Katharina Treutler für Ars Produktion eingespielt hast. Was ich daran schätze: Dass die Pianistin trotz manchmal stark aufrauschender Kraftentfaltung immer als weibliche Interpretin zu identifizieren ist, mit Eleganz, Poesie und einem farbintensiven, wunderbar klaren Anschlag. (Ars Produktion 38261)
Kammermusik aus den USA
Wenn von US-amerikanischer Musik die Rede ist, denkt man vielleicht eher an die großen Orchester, an die Met oder an Bernstein als an Kammermusik. Doch das amerikanische Musikleben ist viel reicher als man gemeinhin in Europa annimmt. Das zeigt erneut das Label Navona Records mit dem 2. Volume von ‘Quadrants’, mit zeitgenössischen Streichquartetten, welche von dem in Boston beheimateten ‘Pedroia String Quartet’ gespielt werden. Das sind von Paul Osterfield (*1973) das recht modern und erregt klingende Stück ‘Khamsin, das hoch energetische ‘Fragmented Old Man’ von David T. Bridges’ (*1986), das wirklich schöne Quartett von Fred DeSena sowie das offen romantische ‘Departure’ von L Peter Deutsch. Die emotional geladensten Stücke sind das kantable, von Ehrfurcht und Schmerz gleichermaßen geprägte ‘Hymnodie’ von Katherine Price (*1992) sowie die eher düsteren, im Klang gemäßigt modernen ‘Lamentations’ von Marvin Lamb (*1946). Die ausdrucksstarken und technisch exzellenten Darbietungen machen diese CD attraktiv. (Navona Records NV6184)
Maria als Beschützerin
Mit ihrem zweiten Album stellt die noch junge spanische Gruppe ‘Aquel Trovar’ ein Programm vor, das sich um die marianischen Andachten im Spätmittelalter dreht und dabei, wie betont wird, die Jungfrau als Mutter, Beschützerin und Fürsprecherin porträtiert. Die Sopranistin Delia Agundez, der Flötist Antonio Torralba sowie José Ignacio Fernandez und Daniel Saez Conde haben nicht nur ein instrumental und vokal abwechselndes Programm zusammengestellt, sondern beleben dieses auch mit einem sehr farbigen und dynamischen, reich und raffiniert verzierten Spiel, das mit seinem melancholischen und nostalgischen Charakter auch berührend ausdrucksvoll ist. (CDF 2789)
Mainstream-Brahms
Das ungarische ‘Györ Philharmonic Orchestra’ hat von Johannes Brahms alle Symphonien, die ‘Tragische Ouvertüre’ sowie die ‘Akademische Festouvertüre’ aufgenommen. Der dirigierende Klarinettist Kalman Berkes leitet einen eher behäbigen Maintream-Brahms, der sich dadurch auszeichnet, dass den Holzbläsern viel Aufmerksamkeit geschenkt wird und immer wieder interessant angelegte Formulierungen zustande kommen, aber leider bleibt zwischendurch das Spiel des mittelmäßigen Orchesters zu routiniert und unausgefeilt, als dass das Ohr ständig am Ball bleiben würde. Nach dem Barenboim-Brahms ist dies wirklich keine sich aufdrängende Neuaufnahme. (3 CDs Naxos)
Stimmungsvolles zeitgenössische Lieder
‘Subtle States’ nennt sich eine CD des russischen Labels Fancy Music mit Liedern von Igor Yakovenko. Es sind stimmungsvolle Kompositionen, deren hohe technische Anforderungen die Sopranistin Tatiana Kachanova in sensiblen Gestaltungen meistert. Begleitet wird sie vom Geiger Maxim Shchedrin sowie dem Komponisten am Klavier. (Fancy105)
Es soll passen, passt aber nicht immer
Auf ihrer CD ‘Nightfall’ unternimmt Alice Sara Ott alles, um ihre Interpretationen und damit die gespielten Stücke – Debussys ‘Rêverie’ und ‘Suite Bergamasque’, ‘3 Gnossiennes’ von Satie, ‘Gaspard de la Nuit’ und ‘Pavane pour une infante défunte’ von Maurice Ravel – ihrem CD-Titel anzupassen. Das ergibt stimmungsvolle, zartfühlende Interpretationen, aber auch Dehnungen, die den Werken nicht unbedingt gerecht werden, zumal was die Klarheit des Spiels anbelangt. Mit 9’20 ist ‘Le Gibet’ zerdehnt und letztlich recht spannungsarm. Und obschon sie ‘Scarbo’ sehr differenziert gestaltet, bleibt sie meilenweit von den besten Interpretationen (Larderet/Favre-Kahn) entfernt. Und so gilt einmal mehr bei Ott: ‘Je reste sur ma faim’. – Ich bin nicht ganz zufrieden. (Deutsche Grammophon 00028948351879)
Kein Mehrwert
Das Album ‘Into the Fire’ mit Joyce DiDonato und dem ‘Brentano String Quartet’ ist eine herbe Enttäuschung. Die Bearbeitungen von Liedern von Richard Strauss und Debussy für Streichquartett bringen nicht wirklich Mehrwert und behindern in erster Linie die Textverständlichkeit. Ob das Kernstück der CD, Jake Heggies Liederzyklus ‘Into the fire’, der Figur von Camille Claudel musikalisch gerecht wird, wage ich zu bezweifeln, und auch Didonatos Stimme passt für meinen Geschmack nicht zu dem Bild, das ich mir von der französischen Künstlerin mache. Dass Joyce DiDonato aber wie immer außergewöhnlich stark involviert ist und singt, steht außer Zweifel. (0190295642198)
Alterssünden in der Box
Die zuvor einzeln veröffentlichten ‘Péchés de Vieillesse’ von Gioacchino Rossini mit Stefan Irmer veröffentlicht MDG nun in einer Box mit 8 CDs. Die Klavierwerke, die der Italiener in seinen letzten Lebensjahren in Paris komponierte, werden somit komplett aufgelegt, und man könnte sich dafür keinen bessren Interpreten wünschen als Stefan Irmer, der das Subtile, das Farbliche und das ‘Kulinarische’ dieser Werke wunderbar in einer sehr lebhaften Interpretationen vereint. (MDG 6182098-2)