Dmitri Shostakovich: Konzerte für Violine und Orchester Nr. 1 und 2: Frank Peter Zimmermann, Violine, NDR Elbphilharmonie Orchester, Alan Gilbert, 1 SACD BIS 2247; Aufnahmen 12/2012 & 10/2015, Veröffentlichung 11/2016 (61’41) – Rezension von Uwe Krusch

Der Mensch ist doch undankbar. Und auch ein Rezensent ist ein Mensch. Da kommt eine CD auf den Tisch, von der man alles erwartet. Tolle Musik, einer der herausragenden Solisten auf dem Instrument, ein sehr gutes Orchester und ein anerkannter Dirigent. Bei diesen Zutaten erwartet der geneigte Hörer schlichtweg etwas Außergewöhnliches. Und wenn dann ‘nur’ eine sehr gute Leistung dabei rauskommt, dann entsteht eine gewisse Enttäuschung.

Der erste Einstieg in die CD und damit das erste Konzert klingt im Solopart im wahrsten Sinne des Wortes verwischt. Da Zimmermann das Autograph des Komponisten und nicht die von David Oistrach eingerichtete Version spielt, könnte es auch an dieser anderen Variante liegen. Aber wahrscheinlicher ist ein Ausrutscher des live aufgenommenen Konzertes. Irgendwie scheint dieser Einstieg symptomatisch. Das intensive Reinhorchen in die Musik und das mit ihr Leben und Leiden scheint sich im Laufe der CD erst so richtig zu entwickeln.

Natürlich gelingt Zimmermann eine hörenswerte Interpretation, die sich neben anderen nicht verstecken muss. Dabei unterstützt ihn die Aufnahmetechnik, die den Solopart sehr präsent hervorhebt, so dass keine Gefahr besteht, dass der Solist vom Orchester verdeckt wird.

Die beiden Werke verlangen natürlich einen versierten Solisten. Dabei sind ihre musikalischen Hintergründe durchaus unterschiedlich. Das erste Konzert kann als Sinfonie mit Solovioline gesehen werden. Das ist auch der Freundschaft mit dem Widmungsträger und Solisten der Uraufführungen beider Konzerte, David Oistrach, geschuldet. Die tiefe Musikalität und Ernsthaftigkeit dieses Künstlers machte es Shostakovich unmöglich, ein rein auf Virtuosität gerichtetes Werk zu schaffen. Wie sehr beide Werke intensive persönliche Kompositionen wurden, kann man beim ersten daran erkennen, dass es zwar 1947/48 komponiert, aber erst 1955 und damit nach Stalins Tod uraufgeführt werden konnte (und für diesen Zweck auch eine zusätzliche Opus-Zahl erhielt, um die früherer Erschaffung zu verdecken).

Beim zweiten Konzert intensivierte der Komponist die Abkehr vom Äußerlichen und schuf neben 14. Symphonie und 15. Streichquartett ein in sich gekehrtes Werk, das zu einem eigentümlichen Frieden führen kann. Damit erreichte es nicht die Beliebtheit des ersten, es mangelt ihm aber nicht an Qualität gegenüber dem älteren.

Shostakovich’s violin concertos in the interpretation of Frank Peter Zimmermann are a new proof of the violinist’s outstanding quality as musician without showing his entire ingenuity. The fact that he is using for the first concerto the autograph score instead of David Oistrach’s layout (which is usually being presented), is a serious argument for this recording.

 

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