Nachdem David Oistrach 1971 mit dem damaligen Luxemburger Radioorchester zum dritten Mal in etwa zehn Jahren das Beethoven-Konzert gespielt hatte, fragte ich ihn, warum er dieses Werk so sehr bevorzuge. Er antwortete, es sei eine « gute Musik » und ich verstand, dass er « positive Musik » sagen wollte. Oistrach war ein gutmütiger, ein sanftmütiger und hoch sensibler Mensch. Auf mich, den damals 19-jährigen Jungpublizisten strahlte er eine ungemein starke innere Zufriedenheit und Ruhe aus.
Daran muss ich denken, wenn ich mir seine einzige Mahler-Einspielung anhöre. Nicht ohne Grund hat er nur die Vierte dirigiert, Mahlers Wellness-Symphonie, die sich Oistrach mit ihrem Lyrismus und ihrer entspannten Musik geradezu anbot. Und doch bleibt der Russe weit entfernt von der ‘Wiener Gemütlichkeit’, die Henry-Louis de La Grange als Hauptcharakteristik dieser Komposition bezeichnet.
Mit einem angenehm flüssigen und unbeschwerten, teilweise sogar richtig leidenschaftlichen ersten Satz leitet David Oistrach die Vierte ein. Er pflegt den Streicherglanz und lässt die Musik transparent werden, mit deutlich herausgestelltem Holz. Andere Dirigenten haben düstere Schatten in diesem Satz ausgemacht. Oistrach lässt das nur schwach hörbar werden.
Auch im zweiten Satz lässt er keinen Zweifel an Mahlers guter Stimmung und an seinen guten Intentionen: Freund Hein mag noch so « absonderlich die Fiedel » streichen, er « geigt uns in den Himmel hinauf ». Und in diesem Himmel, diesem ruhevollen Paradies, das mehr im dritten als im letzten Satz zu uns herüber klingt, fühlt sich der dirigierende Geiger besonders wohl. Er kostet die Ruhe liebevoll aus, bricht zwar auch kraftvoll in Jubel aus, aber die Ruhe ist es, die uns vor allem packt. Hier vereint sich des Interpreten Seele mit der des Komponisten. Aber auch das Kecke des Finalsatzes liegt ihm, er liebt die Kontraste in diesem Stück, und dabei wird nichts übertrieben, es gibt keine Posen, keine Manierismen.
Die damals 41-jährige Galina Vishnevskaya versucht nicht, jünger zu klingen, das erlaubt ihr die satte, mezzohafte Tiefe ohnehin nicht. Aber gerade ihr natürlicher Umgang mit dem Wunderhorn-Text lässt sie letztlich glaubwürdig werden.
In this recommendable historic recording David Oistrach emphasizes the serene and lyric character of Mahler’s Fourth Symphony.
David Oistrach, selon son propre tempérament, souligne le caractère serein et le lyrisme de la Quatrième Symphonie dont il respire profondément le bien-être.