Erst in jüngerer Zeit wiederentdeckte Werke von Paganini stellen die beiden italienischen Instrumentalisten vor. Nach eigenen Worten von Paganini war Camillo Sivori sein einziger Schüler. In dessen erst rezent geöffnetem Archiv fanden sich die ersten sechs von zwölf Cantabile und Walzer, die ihren Weg in diese Aufnahme gefunden haben. Das andere Werk ist das vielleicht erste, aber als sechstes nummerierte oder posthum benannte Konzert für Violine in e-Moll, das hier ebenfalls mit der Begleitung der Gitarre anstelle eines Orchesters seine erste Einspielung gefunden hat. Die Besetzung mit Gitarre statt Klavier ist eine bei Paganini häufiger zu findende Gestaltung.
Das inspirierte und auch technisch makellose Spiel des Geigers Paolo Ghidoni wird durch die eher begleitend wahrgenommene Gitarrenstimme von Gabriele Zanetti unterstützt. Vor allem beim Violinkonzert mit der kammermusikalischen Begleitung der Gitarre statt des Orchesters – und vielleicht würde das auch für das Zusammenspiel mit einem Klavier gelten – erklingt die Geige in einer wunderbar entspannten Art und Weise, so dass man im Vergleich mit den normalen Aufnahmen den Eindruck hat, hier muss nicht kraftvoll virtuos geprotzt werden, sondern die Musik darf sich stilvoll frei entfalten. Natürlich bleibt es ein den Solisten herausstellendes Opus, aber in den aktuellen Zeiten von COVID-19 möchte man meinen, auch die Aufnahme ist entschleunigt und von Umtriebigkeit entschlackt. Und das, obwohl die ersten beiden Sätze, vor allem der zweite, deutlich kürzer sind als etwa bei Salvatore Accardo, der dritte dagegen länger.
Die Cantabile und Walzer stellen eine Erweiterung des Werkkanons von Paganini dar, der den Komponisten als mit dieser Besetzung zutiefst vertraut zeigen. Auch hier pflegen die beiden Instrumentalisten den kammermusikalisch aufeinander hörenden Ansatz bei, der der Violinstimme eindeutig den Vortritt einräumt.