Vor zwei Jahren lobten wir an dieser Stelle die Aufnahme der Diabelli-Variationen mit der koreanischen Pianistin Won-Sook Hur. Wieder beim polnischen Label Dux präsentiert sich die Pianistin diesmal mit einem anderen Variationszyklus, nämlich mit Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen. Die Konkurrenz ist riesig und eigentlich hat diese Produktion neben bekannten Aufnahmen kaum eine Chance. Trotzdem, Won-Sook Hur bietet eine sehr überzeugende Interpretation, die zuerst einmal irritiert. Die Aria erscheint etwas konturenlos, die Struktur ist verschwommen und der Ausdruck bleibt diffus. Aber schnell stellt man fest, dass sie nur der Keim einer musikalischen Entwicklung ist, die über sehr interessant und individuell gestaltete Variationen hin zu einer quasi ‘erlösenden’ und weitaus intensiveren und ausgearbeiteten Wiederholung der Aria führt. Das alles passiert aber relativ dezent. In Hurs Interpretation gibt es keine spektakulären Momente, vielmehr lässt sie die Musik mit sanften Farben und simpler Schönheit erklingen.
Wie ein Puzzle fügen sich Variationen zu einem großen, wunderschönen Klanggemälde in Pastellfarben zusammen. So unspektakulär und bescheiden hat man die Goldberg-Variationen schon lange nicht mehr gehört, aber gerade in dieser Intimität finden sie ihre ganze Expressivität und Schönheit. Diese Außenseiter-Produktion zu besitzen lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn man Gould, Perahia, Nikolayeva, Bacchetti und Schiff zu Hause im Regal stehen hat.