In Europas flächenmäßig größtem Opernhaus hatten 1800 Leute Platz genommen, um Penderecki zu feiern, „Polens bedeutendsten zeitgenössischen Künstler“, wie Kulturminister Bodgan Zdrojewski sagte. Als Penderecki seine Loge betrat, erhob sich das internationale Publikum im Saal und bedachte ihm mit einer mehrere Minuten langen, sehr herzlichen Ovation.
Das Konzert das von Arte Life Web übertragen wurde, begann mit ‘Threnos’, jenem Stück für 52 Saiteninstrumente, das Krzysztof Penderecki 1960 den Opfern des Atombombenabwurfs von Hiroshima widmete. Krzysztof Urbański dirigierte es mit extremer musikalischer Klarheit als zwingendes Bekenntnis des Humanisten Penderecki.
Es folgte das virtuose ‘Duo Concertante’ für Violine und Kontrabass, brillant vorgetragen von Anne-Sophie Mutter und Roman Patkoló.
Danach trat Altmeister Charles Dutoit ans Pult der ‘Sinfonia Varsovia’, um das ‘Concerto Grosso’ für 3 Cellos und Orchester zu dirigieren, mit Arto Noras, Ivan Monighetti und Daniel Müller-Schott als Solisten. Dieses zunächst unbeschwerte Stück mit heiter-verspielter Rhythmik und entspannten ruhigen Passagen wäre vielleicht eines der chilligsten Werke Pendereckis, wenn es nicht dann doch eher wehmütig enden würde. Diesen Wechsel der Stimmung machten Dutoit und die drei hervorragenden Solisten in ihrer Interpretation sehr deutlich.
Den Abschluss des Konzerts bildete das Credo, eine Auftragskomposition der ‘Internationalen Bachakademie Stuttgart’ und des ‘Oregon Bach Festival’, wo es am 11. Juli 1998 unter Helmuth Rilling uraufgeführt wurde.
Im ‘Teatr Wielki’ stand Valery Gergiev vor einem 180 Sänger starken Chor, zusammengesetzt aus dem Chor der Nationaloper und dem Warschauer Philharmonischen Chor. Daneben sangen auch noch die 40 Knaben des Warschauer Knabenchors und die Solisten Iwona Hossa, Ewa Vesin, Agnieszka Rehlis, Krystian Krzeszowiak und Nikolay Didenko. Gergiev erwies sich in dem etwa einstündigen Werk, das zarte Vokal- und Instrumentalsoli mit kraftvollen Chor- und Orchesterpassagen mischt, als kompetenter Sachverwalter der Musik Pendereckis, deren Hauptcharakteristikum die langen, quasi als Reflektionen über das gesungene Wort fungierenden, reinen Orchesterpassagen sind, die es dem Zuhörer erlauben, den Text emotional und geistig zu vertiefen.
Jubelnder Applaus des Publikums, ehe eine weiterer offizieller Teil des Abends folgte, die Ehrung des Komponisten durch zwei Orden, der erste verliehen vom kroatischen Staatspräsidenten Ivo Josipović, selber ein Komponist, dessen Werke Penderecki schon oft dirigiert hat, der zweite überreicht von der armenischen Kulturministerin, womit sich Penderecki in seiner Wurzeln geehrt fühlte, denn, wie er kundtat, hatte er eine armenische Großmutter.
Danach erfolgte die Enthüllung einer riesigen Büste, die im Nationaltheater aufgestellt wird, und, wie Theaterdirektor Dabrowski sagte, es den Polen ermöglichen solle, Penderecki zu sehen, wenn er auf einer seiner vielen Reise sei. Diese Reisen werden wohl auch nicht abnehmen. Bereits am 13. Dezember steht in New York die Weltpremiere von ‘La Follia’ auf Pendereckis Terminkalender, seine vierte Komposition für Anne-Sophie Mutter und sein musikalisches Geschenk zu ihrem 50. Geburtstag.
Zum Abschluss des Abends sangen alle Künstler auf der Bühne und das Publikum im Saal dem Komponisten ein herzliches ‘Happy Birthday’ …unter der Leitung von Valery Gergiev.
Froh gestimmt, endlich einmal unter der Leitung eines so bekannten Dirigenten gesungen zu haben, verließen alle das Haus. Und noch viel glücklicher, diesem ganz besonderen Abend beigewohnt zu haben, so wie auch das ganze Festival, über das wir ja ausführlich berichtet haben, etwas ganz Besonderes, und Bereicherndes war, etwas Unvergessliches ist und bleibt.
« Krystof Penderecki ist zweifellos der grösste Komponist unserer Zeit », sagte uns Charles Dutoit, und wir können ihm nur Recht geben.
Remy Franck – Warschau 24-11-13