Das zweite Geburtstagskonzert für Krzysztof Penderecki gestern Abend in der Warschauer Philharmonie wurde vom Hausorchester gespielt. Nicht weniger als vier Dirigenten leiteten die vier Werke des Programms. Jerzy Maksymiuk machte den Auftakt mit einer fein regulierten Aufführung von ‘Dimensions of Time and Silence’, für Chor, Streicher und Schlagzeug, einem radikal experimentellen, aber auch ungeheuer fantasievollen und kohärenten Werk aus den Jahren 1959/61.

Jerzy Maksymiuk dirigierte die Warschauer Philharmoniker Photo: Bruno Fydrich

Jerzy Maksymiuk dirigierte die Warschauer Philharmoniker
Photo: Bruno Fydrich

K. Penderecki, Fumiaki Miura, Julian Rachlin, Rafael Payare  Photo: Bruno Fydrich

Krzysztof Penderecki, Fumiaki Miura, Julian Rachlin, Rafael Payare
Photo: Bruno Fydrich

Thomas Bauer und Long Yu Photo: Bruno Fydrich

Thomas Bauer und Long Yu
Photo: Bruno Fydrich

 

Krzysztof Penderecki und Marek Janowski Photo: Bruno Fydrich

Krzysztof Penderecki und Marek Janowski
Photo: Bruno Fydrich

Der 32-jährige Dirigent Rafael Payare aus Venezuela leitete dasDoppelkonzert für Violine und Viola. Payare studierte bei José Antonio Abreu, war Assistent von Gustavo Dudamel (dessen Schlagtechnik er ganz offensichtlich übernommen hat), Claudio Abbado und Daniel Barenboim.

Die Violine spielte – sehr sensuell – der 20-jährige Japaner Fumiaki Miura, gegenwärtig Student bei Pavel Vernikov am Wiener Konservatorium und Erster Preisträger des Internationalen Joseph Joachim-Wettbewerbs in Hannover. Er harmonierte im Duo mit Julian Rachlin, dessen wunderbar satten Bratschenton man nur bewundern konnte. Rafael Payare dirigierte die zwischen lyrischen und nervöseren Passagen pendelnde Komposition aus dem Jahre 2012 sehr souverän und klar strukturiert.

Der chinesische Dirigent Long Yu dirigierte anschließend die ‘Drei Chinesischen Lieder’, die Penderecki 2008 auf Texte von Hans Bethge komponiert hat. Bethge wurde ja vor allem durch seine Nachdichtungen klassischer orientalischer Lyrik bekannt (Die chinesische Flöte, Pfirsichblüten aus China). Gustav Mahlers ‘Lied von der Erde’ basiert auf sieben Gedichten aus der ‘Chinesischen Flöte’.

Bethges Sprache, von der Penderecki sagt, sie sei zutiefst musikalisch-rhythmisch und biete sich zur Vertonung direkt an, hat auch andere Komponisten inspiriert, darunter Richard Strauss, Arnold Schönberg, und Karol Szymanowski. Wie uns der Komponist vor dem Konzert verriet, ist dieser Zyklus noch nicht ganz fertig, und er habe vor, noch vier weitere Lieder zu vertonen. Momentan aber arbeitet Krzysztof Penderecki an seiner fünften Oper, ‘Phaedra’, die er im Auftrag der Wiener Staatsoper schreibt. Dieses Projekt scheint auch die geplante Johannes-Passion zurückgestellt zu haben. „Mein Gott, wenn ich die auch noch schreiben soll, brauche ich ja noch fünfzig Jahre…“, seufzte er. Denn auch auf eine erweiterte Fassung seiner Serenade wartet man und auf die immer noch nicht geschriebene Sechste Symphonie.

Die vorerst also nur ‘Drei Chinesischen Lieder’ sang Bariton Thomas Bauer mit kraftvoller Stimme, die er manchmal hinreißend mit der Orchesterstimme verschmelzen ließ.

Der Höhepunkt des Abends war eine mitreißende Aufführung der Zweiten Symphonie, wegen der kurzen Stille-Nacht-Zitate auch ‘Weihnachtssymphonie’ genannt. Marek Janowski gelang eine tief inspirierte und ebenso tiefe geatmete Interpretation.

Bei ihm wurde diese von Weltschmerz gezeichnete Komposition weniger düster, weniger aufgewühlt, gefühlsbetonter, dafür aber nicht weniger soghaft als in Pendereckis eigener Aufnahme. Janowski, der das Werke dynamisch sehr differenzierte, die kurzen ruhigen Passagen idyllischer werden ließ und an anderen Stellen der Musik einen direkt brucknerianischen Touch gab, ließ die ‘Weihnachtssymphonie’ bei allem Kampf zwischen Gut und Böse, den sie enthält, doch recht feierlich werden. Der prachtvolle Orchestersound der exzellenten Warschauer Philharmoniker trug viel zu diesem Eindruck bei und löste beim Publikum berechtigten Jubel aus.

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