Musica dolorosa, Musica appassionata, bis hin zu Musica serena… Das ist wohl symbolisch für Ihren Lebensweg. Sind Sie jetzt ruhig geworden?
In Bezug auf Musica appassionata und Musica serena – ja. Die Musica appassionata – Energie der Lebensreife, Leidenschaft, Feurigkeit als auch Trauer um das unaufhaltsame Zerfließen der Zeit. Und die Musica serena – lauer Lebensabend, Weisheit, doch die Liebe und der Idealismus gehen nie zu Ende.
Musica dolorosa, schmerzliche Musik… Da ist ja viel Zähneknirschen enthalten. Von Mozart’s süßem Schmerz sind wir weit entfernt….
Musica dolorosa ist mein tragischstes Opus. Keine Hoffnung, nur Schmerz und Verzweiflung. Ein Requiem zum Gedenken an meine Schwester Marta.
Würden Sie eine Musica Serena auch heute schreiben, in der Corona-Krise?
In der eventuellen Musica serena 2 wären freilich mehr Liebe, Mitleid, Licht der Hoffnung im Ausklang.
Wie haben Sie diese COVID-Krise persönlich erlebt?
Die Einsamkeit, um richtiger zu sagen, Zweisamkeit ist der natürliche Zustand eines Komponisten. Fast gar keine Konzerte, keine Theaterbesuche, keine Reisen ins Ausland, um die ausländischen Interpreten meiner Werke zu treffen. Dafür kann ich Musik hören, Bücher lesen, stundenlange Spaziergänge machen und ungestört arbeiten.
Haben Sie in der Zeit neue Werke komponiert?
Vor kurzem habe ich mein 2. Violinkonzert ‘Im Abendlicht’ beendet. Der Name des Musikwerkes enthüllt den Schlüssel zur Atmosphäre dieser Komposition. Mein 1. Violinkonzert ‘Fernes Licht’, das 2. ‘Im Abendlicht’- das Licht endet niemals.
Wie komponieren Sie überhaupt? Am Klavier, am Computer….
Meine Kompositionen trage ich monatelang aus, am Klavier schreibe ich mit einem Bleistift aufs Notenpapier.
Wie hat die Corona-Krise die Welt verändert, Ihrer Meinung nach?
Man möchte schon glauben, dass nach der Corona-Krise ein neuer Anfang kommt. Ich hoffe, dass die Menschen mehr in sich hineinschauen. Die Frage ist – was erblicken sie?
Sehen eine Rückkehr zu mehr Ruhe, vielleicht zu mehr Besinnlichkeit oder gar Religiosität? Gerade die Religion war ja für Sie immer wichtig und ein Rückgrat?
Es ist die höchste Zeit, den wahnsinnigen Lauf nach immer wieder neuem Spielzeug, neuen Sachen und Vergnügungen zu hemmen. Man müsste Zeit finden, unsere Blicke in die Richtung sternklarer Unendlichkeit zu lenken und sich zu fragen, warum wir zu dieser Welt gekommen sind und ob wir es gewollt haben, sie ein wenig besser zu machen.
Sie werden jetzt 75 Jahre alt. Was ist, rückblickend, das Wichtigste oder das Befriedigendste, das Sie erreicht haben?
Wenn ich vom Gipfel meiner 75 Jahre auf das verbrachte Leben zurück blicke, frage ich mich natürlich, ob meine Such- und Zweifelsjahre nicht zu lange gedauert haben. Dennoch habe ich, Gott sei Dank, meinen Weg in die Musik gefunden und in jedes Musikwerk habe ich die ganze in mir vorhandene Liebe eingewebt.
Und, wenn jemand unter meinen Musikhörern das herausgehört hat, dann sind wir Brüder und Schwestern.