Wiederum in Begleitung des Ensembles il Pomo d’Oro, das unter der Leitung von Maxim Emelyanychev spielt, ließ Joyce DiDonato in der Luxemburger Philharmonie ihre enge Verbindung in dieser Saison mit ihrem Herzensprojekt Eden ausklingen. Uwe Krusch war für Pizzicato vor Ort.
Mit dem Programm Eden möchte Joyce DiDonato anregen, den Blick wieder intensiv der Natur und ihrem Schutz und damit unser alle Lebensgrundlage zuzuwenden. Zerstören wir die Natur, werden wir nicht überleben; die Natur schon, wenn auch vielleicht in anderer Gestalt.
Dazu hatte DiDonato zunächst einen Reigen von 14 Werken von zwölf Komponisten vorbereitet, den sie und das Orchester nahezu ohne Pause präsentierten. Die Spanne reichte dabei von Giovanni Valentini vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zu der noch lebenden Rachel Portman und fokussierte auf barocke und jüngere Werke. Eine klassische oder eine romantische Seite, epochenbezogen, hatte das Konzert nicht.
Und das Konzert startete gleich mit einer Überraschung. Den Auftakt machte Ives’ The Unanswered Question. Das Ungewöhnliche daran war, dass die fragenden Soli, üblicherweise von einer Trompete gespielt, hier von DiDonato gesungen wurden. Das eröffnete einen dezent anderen Eindruck als gewöhnlich. Doch konnte DiDonato die Passagen mit einem einer weich gespielten Trompete ähnlichen Klang hervorzaubern, der dem Werk wegen der Stimme eine menschlichere Komponente gab. Hatte sie zunächst vom Ende des Auditoriums gesungen, schließlich wird die Trompete auch als Ferninstrument eingesetzt, so näherte sie sich bei jedem Einsatz der Bühne.
Doch sollte auch gleich erwähnt werden, dass das ganze Geschehen nicht rein als klassisches Konzert veranstaltet wurde. So waren für die ersten Akkorde der Ives-Komposition alle Lichter im Saal bis auf einen dezenten Spot auf Emelyanychev ausgegangen und das Orchester spielte auswendig, bis die Pultlampen aufleuchteten und nach und nach weitere Beleuchtungseffekte angeschaltet wurden, die auch auf der Bühne standen und zeitweise das Publikum blendeten. Das Orchester wurde durch eine mittige doppelstöckige Drehbühne in Tortenform getrennt, auf der DiDonato im Laufe des Abends mit Hilfe aus Teilen zwei senkrecht stehende Metallringe zusammenbaute, die danach auch gedreht wurden.
Über das jüngste Werk, The First Morning of the World von Rachel Portman, und ein Rückert Lied von Gustav Mahler führte der Weg zu acht barocken Stücken, zwei davon instrumental, in die lediglich ein Emily Dickinson-Poem von Aaron Copland eingebettet war. Das Ende des offiziellen Programms führte zu einem weiteren Rückert-Lied von Mahler sowie zu dem Lied ‘Schmerzen’ aus den Wesendonck-Liedern von Richard Wagner.
Joyce DiDonato konnte in diesem Konzert wiederum ihre sängerischen Qualitäten ausspielen. Fiel mir bei manchen ihrer Aufnahmen und Auftritte die mitunter metallische Schärfe ihrer Stimme unangenehm auf, so wusste sie ihren Gesang an diesem Abend so differenziert und fein einzurichten, dass diese Seite erfreulicherweise nicht anklang. Vielmehr ließ sie in einer Bandbreite von leise Gehauchten bis zur vollen Stimme mit vielen Nuancen ihren Gesang, gepaart mit kleinen gestischen Aktionen, erstrahlen.
Das Orchester wurde von Emelyanychev sowohl vom Cembalo wie auch stehend dirigiert. Diese doppelte Rolle war wegen der räumlichen Trennung erforderlich und konnte die Kluft so weitestgehend überbrücken. Als Bläser konnte sich insbesondere der Oboist Christopher Palameta hervortun. Bei den Streichern nahm Zefira Valova die Soli als Konzertmeisterin mit großer Sicherheit und künstlerischem Verve wahr.
Dieses Projekt Eden, dessen Details im Netz einsehbar sind, hatte DiDonato schon in etlichen Städten aufgeführt und konnte dabei solche Werke auf das Programm stellen, die ihr als Musik am Herzen liegen. Diese haben aber auch einen Bezug zu ihrer Idee, mit dem Hinweis auf Eden bzw. das Paradies einen Aufruf zu einem harmonischen Miteinander und zum Schutz der Natur zu schaffen. So gehört dazu der Aspekt, dass sie in jeder Projektstadt einen Kinderchor mitsingen lässt. Ausgehend von London hat sie ein Lied, den Seed Anthem, also ein Samen Lied, komponieren lassen. Für die Aufführung in Luxemburg wurde dazu an der Internationalen Schule ein Chor ins Leben gerufen, der nun mit den anderen Beteiligten dieses Lied als erste Zugabe vorstellte.
Daran schloss sie für das begeisterte Publikum noch Händels Ombra mai fù als weitere Zugabe an. Ob dieses verständigungs- und friedenssuchende Projekt wie vorgesehen Ende des Monats in Moskau und St. Petersburg stattfinden wird, scheint aus heutiger Sicht mehr als zweifelhaft. Immerhin regiert da gerade kein Schöngeist.