Das Pavel Haas Quartet gastierte im Kammermusiksaal der Luxemburger Philharmonie mit nur zwei Werken, die sie aber in größter Intensität darboten. Uwe Krusch war für Pizzicato dabei.
Vielleicht als symptomatisch kann der dritte Satz aus dem dritten Quartett von Tchaikovsky genommen werden. Die von der Musik angelegte außergewöhnliche spezielle Farbe, die sich daraus ergibt, dass laut und in relativ hoher Lage zu spielen ist und dazu im Gegensatz die Dämpfer verwendet werden müssen, wurde vom Pavel Haas Quartet so unmittelbar überzeugend wie intensiv warm im Klang erlebbar gemacht. Auch hier zeigten sich die Musiker mit ihrer Primaria von agil aufmerksamer Spannung, die sie traumhaft eng an eng umsetzten. Das enge Zusammenspiel in Quartetten kann man öfter hören. Aber beim Pavel Haas Quartet ist die Zusammenführung der vier Mitspieler noch einmal von besonderer Nähe, die auch nicht kleinste Abschweifungen voneinander erkennen lässt.
Wer Quartette mit einem analytisch aseptisch klaren Antritt bevorzugt, ist bei diesem Quartett sicherlich nicht an der richtigen Adresse. Mit rund warmem, volumigem Klang und trotzdem immer noch deutlich durchstrukturiertem Aufbau erzielten sie ein sehr persönliches Klangbild. So gingen sie das dritte der Rasumovsky-Quartette von Beethoven sehr klassisch an. Das Quartett weist mit seinem dritten Satz, einem Menuetto: Grazioso – Trio, das der gesanglichen, weniger der tänzerischen Art angehört, zurück auf die Quartette von Joseph Haydn. Obwohl ja Beethoven ansonsten, auch in den beiden vorhergehenden Nummern dieser Opus-Zahl wie für ihn üblich diese Sätze als Scherzi ausgestaltet hat.
Vorbereitet worden war der Abend von Martin Möller, der über die Gesamtkomposition der drei Rasumowsky Quartette unter einer Opus Nummer referierte. Mit welchen Ausformungen der Jubilar jedes dieser Quartette zu einer einmaligen und eigenwilligen Komposition machte und trotzdem die drei Werke zusammenfassen konnte, zeigte er die Beziehungen und eben wie beim Menuetto die Bezugnahmen auf Haydn auf.
Das Quartett setzte dann diese Besinnung so um, dass das gesamte Rasumowsky-Quartett eher wie ein ganz und gar klassisches Werk erklang als wie das des Neuerers Beethoven. Und trotzdem gab es keine Sekunde, in der man nicht trotzdem den Charakter von Beethovens Stil heraushören konnte.
Das dritte Quartett von Tchaikovsky bot den vier Tschechen auch vom Umfang, vor allem aber von den tiefschürfenden Ausdrucks- und Gefühlsebenen her, eine Projektionsfläche, um ihr immer ausdrucksvolles und auch so feinfühliges Spiel zu entfalten. Dieses selten zu hörende Werk erlebte eine beeindruckende Darstellung.
Noch einen anderen Bezug stellten die vier aus der Tschechischen Republik stammenden Musiker mit ihrer Zugabe her. Mit dem dritten Satz, dem Allegro giocosa alla Slovacca des ersten Quartetts von Erwin Schulhoff, einem Landsmann der vier, ließen sie nach dem mit Todesstimmungen umwobenen Quartett von Tchaikovsky noch einmal ihr ganzes Können zusammen mit feinstem Spielspaß aufblitzen. Damit lieferten sie den Kehraus für das begeisterte Publikum, das sich nach diesem kurzen, aber umso gehaltvolleren und glanzvoll präsentierten Programm mit der artistischen Zugabe zufrieden gaben. Zu Recht, lieber weniger, das aber grandios präsentiert, als Masse statt Klasse.