Die Pianistin Yuja Wang war mit dem San Francisco Symphony Orchestra zu Gast inn der Luxemburger Philharmonie. Unser Mitarbeiter Alain Steffen berichtet.
Wie in San Francisco, Paris und Hamburg spielte Wang das 3. Klavierkonzert von Sergei Rachmaninov, ein Werk, das dem Interpreten wohl alles an virtuoser Technik abverlangt. Wang spielte das Werk mit einer ungeheuren Dynamik und Spielfreude; wie immer lag ihr die musikalische Substanz sehr am Herzen, so dass sie sich nicht auf äußerliche Effekte beschränkte, sondern das Konzert aus dem Kern heraus gestaltete und dabei immer eine konzeptuelle Linie verfolgte. Das SFSO begleitete seine Solistin mit klanglicher Präsenz, überließ ihr aber die Bühne. Esa-Pekka Salonen, seit der Spielzeit 21/22 Chefdirigent in San Francisco, ist kein Interpret, der plakatives Musizieren bevorzugt. Selbst auf einer Tournee präsentiert er ausgearbeitete Interpretationen und begreift auch diese Konzerte nicht als musikalische Show. Seine Begleitung im Rachmaninov-Konzert war von größter Transparenz und Zurückhaltung, trotzdem waren die Dialoge und das Zusammenspiel mit Yuja Wang sehr ausgeglichen, intensiv und energiegeladen.
Begonnen hatte das Konzert mit dem Werk Tumblebird Contrails aus dem Jahre 2014 der amerikanischen Komponistin Gabriella Smith. Smith ist Kimaaktivistin, und das Thema Natur nimmt eine sehr wichtige Rolle in ihrem Schaffen ein. Mit Tumblebird Contrails gelang ihr ein klangliches Naturgemälde, das trotz aller Modernität sehr angenehm ist und mit seiner suggestiven Kraft es dem Hörer ermöglicht, kraftvolle Naturbilder vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Das Spiel des SFSO war atemberaubend und Esa-Pekka Salonen, der ja selbst ein international anerkannter Komponist ist, schaffte es mit Leichtigkeit, all die wunderbaren Details dieser Partitur hörbar zu machen
Auch im abschließenden Konzert für Orchester von Bela Bartok war feinste Detailarbeit angesagt. Somit kamen Salonens Interpretation und das detailreiche Spiel des Orchesters sehr nahe an die ursprüngliche Form des Concerto grosso heran, wo eben die verschiedenen Instrumentengruppen solistisch eingesetzt werden und miteinander in Interaktion treten. Salonen ging Bartoks Spätwerk auf den Grund, kombinierte chirurgische Präzision mit flüssigem Musizieren, was dann auch in einer hundertprozentig überzeugenden Interpretation gipfelte. Dank der phänomenalen Qualität des SFSO erlebte das Publikum ein in allen Punkten opulentes, aber sehr präzise ausgearbeitetes Klangerlebnis, das so die Werke von Smith Rachmaninov und Bartok in bestem Lichte erscheinen ließ. Um das Publikum, so Salonen, „mit einem Lächeln“ nach Hause zu schicken, gab es noch als Bonus ein rasant gespieltes Vorspiel zum 3. Akt von Wagners Lohengrin.