Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gastierte mit Beatrice Rana und Yannick Nézet-Seguin in der Luxemburger Philharmonie. Ein selten zu hörendes Stück, nämlich das einzige überlieferte Orchesterwerk aus der Feder von Clara Schumann, eröffnete den Abend. Den anderen Programmpunkt bildete Ein Heldenleben von Richard Strauss. Uwe Krusch berichtet.
Das Klavierkonzert von Clara Schumann zeigt trotz seiner klassischen Form auch einige Besonderheiten. Während sich im ersten der drei möglichst direkt ineinander übergehenden Sätze das Orchester noch gleichberechtigt mit dem Soloinstrument präsentieren kann, ist die Vorherrschaft des Klaviers doch insgesamt groß. Im langsamen Mittelsatz geht das so weit, dass das Klavier weitestgehend alleine spielt, abgesehen von wenigen Takten mit der Pauke und weiteren größeren Strecken, in denen ein Solocello den Pianopart flankiert. Den Finalsatz mag man ebenso als Rondo wie auch als Variationssatz hören.
Beatrice Rana spielt dieses Werk auf der aktuellen Tournee abwechselnd mit dem von Robert Schumann. Während die Interpretation des Konzertes von Robert an anderer Stelle wohl nicht nur gefiel, durfte man die Darbietung des Werkes von Clara in Luxemburg in vollen Zügen genießen. Dieses Werk, das den Klavierpart ins Zentrum stellt, ohne ein Virtuosenkonzert zu sein, brachte sie mit klar durchdachtem Ansatz zu Gehör. Dass sie auch virtuos zu spielen vermag, wurde in diesem Werk eher angedeutet als genutzt. Dafür verband sie ihre gute Anschlagskultur mit einer guten Portion Gestaltungsvermögen. Das schafft in den Ecksätzen eher strukturelle Sichten, die mit persönlicher gestalterischer Ausleuchtung gefüttert werden. Im langsamen Satz kann man dann noch ergänzend auch die Schichten sichtbar, die neben klangschönem Spiel auch ein spontanes und situationsgeneriertes Spiel zeigen, das auch im Dialog mit dem Cello seine Wirkung nicht verfehlt. Nach dieser für das Konzert von Clara werbenden Interpretation, die natürlich auch die Pianistin ins Licht rückte, ließ das Publikum sie nicht ohne Zugabe von der Bühne.
Der Gast des Orchesters auf dem Podest des Dirigenten hatte bei dem Stück von Clara Schumann nur zur Not absichernde Funktion. Seine Stabführung war dann eigentlich erst in dem Heldenleben gefragt. Das erledigte er dann mit gelassener Könnerschaft. Dabei stand ihm das Orchester, das eines der ganz erlesenen Ensembles dieser Größe ist, von sich aus hilfreich zur Seite.
Dieses Orchester zeichnet sich neben individueller Klasse und starker Verzahnung seiner Musiker im Register und auch im Tutti gegenüber anderen auch dadurch aus, dass es eine umwerfende Kraft entfalten kann und trotzdem in höchstem Maße einen transparent kammermusikalisch durchhörbaren Klang gestaltet, der seinesgleichen sucht. Anders als noch zu Beginn der Saison, als der inzwischen abservierte Vieldirigierer seine Ensembles zu lautem Brei knetete, konnte Nézet-Seguin mit dem Orchester ein tönendes Wimmelbild schaffen, das bei allem Detailreichtum trotzdem den Zusammenhalt hielt. Neben allen anderen famosen solistischen Leistungen behält das Ohr bei diesem Werk immer das Solo des Konzertmeisters in Erinnerung. Dieser wahnsinnig schwere Part, so manches Violinkonzert kann von solchen Anforderungen nur träumen, wurde von Anton Barakhovsky souverän mit der erquickenden Mischung aus virtuosem Gestus und auch stupendem gestalterischem Feingefühl formuliert.
So waren alle Zutaten zusammen, um ein großes Orchester bei exquisiter Stabführung exorbitant erklingen zu lassen. Das wurde dann auch vom Publikum so gesehen, dass die Beteiligten am Ende feierte. Der Nörgler mag erwähnen, dass irgendwo auch ein bisschen der Eindruck hängen blieb, dass hier alle das Erforderliche taten, um es zu einem großen Hörfest werden zu lassen, ohne sich bis in die letzte Verästelung und Finesse, etwa den bei Strauss denkbaren Faktor des Klangrausches, verausgabt zu haben. Trotzdem, schön wars, extrem schön sogar.