Murray Perahia, Pianist und Erster Gastdirigent der ‘Academy of St Martin in the Fields’ hatte sein Beethoven-Konzert am Donnerstag in der Luxemburger Philharmoni krankheitshalber absagen müssen. Der junge Pianisten Jan Lisiecki ersetzte ihn, was sich als ein wirklicher Gewinn herausstellte, meint Alain Steffen.
Ich hatte das große Glück, den legendären Dirigenten Sir Neville Marriner noch kurz vor seinem Tod zu einem Gespräch zu treffen und ich erlebte einen sehr lebendigen, kommunikationsfreudigen und dynamischen Künstler, der damals in seinem 90. Lebensjahr stand. Marriner war der Gründer der ‘Academy of St Martin in the Fields’, der er von 1958 bis zu seinem Tod eng verbunden blieb. Marriners liebenswerte Dynamik, seine Kommunikationsfreudigkeit, Begeisterungsfähigkeit und Frische waren und sind auch heute immer noch Markenzeichen dieses Orchesters, das darüber hinaus mit einer absoluten Präzision und Virtuosität zu begeistern wusste.
Die ‘Academy’ spielte dieses Konzert in Luxemburg ohne Dirigent und wurde vom Konzertmeister Tomo Keller aus geleitet. Es wurde ein Konzert, das so überragend war, dass man eigentlich nicht darüber schreiben sollte, weil Worte weder das musikalische Geschehen noch das subjektiv Erlebte wirklich wiedergeben können. Eine Sternstunde, ein Glücksmoment, ein geniales Konzert.
Und dass dieses Konzert musikalische Genialität versprühte, lag an dem phänomenalen Pianisten Jan Lisiecki, gerade einmal dreiundzwanzig Jahre alt. In seinem Spiel in Beethovens Klavierkonzerten Nr. 1 & 3 wurde jede Note in ihrem Klang hörbar. Damit aber nicht genug. Jede Phrase, jede Melodie besaß ihre eigene Klangwelt. Mal glaubte man ein Hammerklavier zu hören, mal erinnerte der Anschlag an die Klarheit von Bach, mal an die Schönheit von Mozart. Und natürlich war Beethoven in jedem Moment mit seiner ganzen kompositorischen Kraft präsent. Schönheit, Brillanz, Klarheit, Expressivität, alles war vorhanden und befand sich zudem in einer wunderbaren Balance. Lisiecki erwies sich an diesem Abend als ein vollkommener Musiker und Interpret, der sich nie selbst in den Vordergrund spielte, sondern immer im Dienste des Werkes stand. Seine von Frische und Lebensfreude strotzenden Interpretationen wurden von den Musikern der ‘Academy’ bestens unterstützt. Das persönlichkeitsstarke Spiel des Orchesters gab Liesieckis Interpretationen den letzten Schliff.
Großes Lob auch an den Konzertmeister Tomo Keller, der das Orchester bestens vorbereitet hatte und es mit Spritzigkeit in den Ecksätzen, sowie mit einer atemberaubenden Schönheit in den langsamen Mittelsätzen zu einer wahren Glanzleistung führte. Und diese hatte sich bereits mit der Ouvertüre zu ‘Die Geschöpfe des Prometheus’, die das Konzerteröffnete, angekündigt. Für den lautstarken Jubel am Schluss revanchierte sich Jan Lisiecki mit einer phänomenal gespielten Chopin-Zugabe.