Die Wiener Philharmoniker gelten als besonders reisefreudiges Orchester. In diesem September gehen sie auf eine 16-tägige Tournee mit insgesamt 13 Konzerten. Neben Grafenegg, dem Lucerne Festival und Musikhochburgen wie Amsterdam, Berlin, Hamburg und Prag gastierte das Eliteorchester unter der Leitung von Christian Thielemann am 11. September in der Philharmonie Luxemburg. Alain Steffen berichtet.
Die Wiener hatten neben Felix Mendelssohn Bartholdys Symphonie Nr. 3 auch ihren Hauskomponisten Richard Strauss mit seinem Heldenleben im Gepäck. Das Konzert versprach also viel und konnte diese Versprechen auch halten, vorausgesetzt, man konnte auf aufregende Interpretationen mit neuen Handlungssträngen verzichten. Doch jeder, der zu einem Konzert mit Christian Thielemann geht, der weiß, dass der Dirigent für allerbestes handwerkliches Musikzieren im Sinne der musikalischen Tradition steht. So erklang dann auch die Schottische Symphonie von Mendelssohn in großer Besetzung und demnach klangprächtig und in üppigen Farben. Thielemann gab zwar keine neuen Denkanstöße, sondern ging die Musik ganz von ihrer genuinen Substanz her an. Der romantische Charakter überwog; statt schneller Tempi und markanten Akzenten optierte Thielemann für ein flüssiges Spiel mit einer unmittelbaren Kraft, die nicht aus dem Wollen, sondern aus der Natürlichkeit der Musik heraus erwuchs. Die Tempi blieben moderat, die Interpretation unaufgeregt und musikantisch. Das Spiel der Wiener Philharmoniker war herausragend. Ihre Kunst, Farben, Stimmungen und Melodien miteinander zu verweben und im Spiel immer durchhörbar zu bleiben bewährte sich insbesondere in Strauss‘ Heldenleben. Dieses gigantische Werk mit seinen atemberaubenden Klangeruptionen, seinen ausufernden Ideen, seinen Zitaten und seinen modernen Klängen ist eine echte Herausforderung für jedes Orchester und jeden Dirigenten. Mit den Wienern und Thielemann aber klang das Heldenleben, als sei es das leichteste Stück der Welt. Mit einer ungeheuren Spielsicherheit erschufen sie in jedem Moment einen Klangkosmos, der einen nur noch staunen ließ. Perfekt waren die Klangabmischungen, perfekt das Ineinanderfließen der Themen, perfekt die Balance. Thielemann, auch hier unaufgeregt und strukturierend, vertraute ganz auf die Musik und zeigte, dass es eigentlich mehr nicht braucht, als dieses Vertrauen und ein sicheres Handwerk, um ein Meisterwerk wie das Heldenleben in schönstem Licht und bester musikalischer Qualität erklingen zu lassen. Ein musikalischer Hochgenuss, der vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert wurde. Als Zugabe spielten die Wiener Philharmoniker das Intermezzo aus der Strauss-Oper Capriccio.