Knapp vier Wochen nach den Berliner Philharmonikern stand ein weiteres Weltklasseorchester auf der Bühne der Luxemburger Philharmonie. Alain Steffen hat sich das Konzert angehört.
Die Wiener Philharmoniker haben ihre Spielzeit erst vor ein paar Tagen im Musikverein eröffnet und gehen nun mit demselben Programm auf eine kleine Europatournee. Im Gepäck: das gewaltige Violinkonzert von Sir Edward Elgar und die 9. Symphonie (Aus der neuen Welt) von Antonin Dvorak. Elgars Violinkonzert ist fast eine Hommage an das bekannte Violinkonzert von Johannes Brahms und setzt die Linie dieser wunderbare Konzerte von Brahms, Tchaikovsky und Mendelssohn fort. Allerdings muss man sagen, dass nach dem grandiosen Kopfsatz und einem betörend schönen Andante, der Schlusssatz, ein Allegro molto etwas abfällt. Die Linie, die Elgar mit seinen ersten beiden Sätzen spannt, scheint im Finale zu bröckeln und anders als in den beiden vorherigen Sätzen gibt es hier schon einige eher langweilige Längen. Dass diese aber nicht allzu viel ins Gewicht fielen, ist Frank Peter Zimmermann zu verdanken. Der Violinist, den man eigentlich gar nicht in diesem Repertoire erwartet hatte, spielte das Konzert mit atemberaubender Intensität. Der erste Satz ist eine echte Herausforderung, doch Zimmermann fand exakt die richtige Balance zwischen schwelgerischem Pathos und feinen Linien.
Auch der zweite Satz wurde durch das kristallklare, niemals überzogene Spiel des Violinisten ungemein aufgewertet. Den dritten Satz gestaltete er, trotz der kompositorischen Schwächen, sehr direkt und fesselnd und liess den Hörer in keinem Moment von der Angel.
Dass Zimmermann zu diesem wahnsinnig expressiven und in jedem Augenblick schönen Spiel fähig war, lag natürlich auch am Dirigenten. Daniel Harding setzte in seiner Interpretation sehr viel auf einen natürlichen Atem und einen präzisen Puls. Indem er die Wiener Philharmoniker zu einem intensiven, immer pulsierenden und hochspannenden Spiel anhielt, entwickelten sich Elgars Orchesterfarben fast wie sonst selbst. Und auf diesen Klangwogen ließ er seinen Solisten regelrecht schwimmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dirigenten verzichtete Harding auf zu viel Pathos; stattdessen ließ er das Orchester ganz natürlich aufblühen und den Wiener Philharmonikern war es eine Freude, das Publikum in dieses einmalige, immer kontrollierte Klangmeer eintauchen zu lassen.
Nach der Pause folgte Antonin Dvoraks 9. Symphonie. Dieses Evergreen haben die Wiener Philharmoniker im Blut. Alleine ein Blick auf die Diskographie zeigt, unter wie vielen Dirigenten sie im Laufe der Jahrzehnte dieses Werk aufgenommen haben. Da finden sich dann Namen wie Istvan Kertesz, Rafael, Kubelik, Constantin Silvestri, Lorin Maazel, Herbert von Karajan oder Karl Böhm. Unter Daniel Harding erlebte das Publikum in der Philharmonie eine orchestrale Spitzenleistung. Harding ist kein Dirigent, der sich selbst in den Vordergrund spielt, sondern eher ein Gestalter im Sinne des Werkes. So blieb die Interpretation recht klassisch. Was Harding allerdings an Feinarbeit leistete, wie er diese Musik zum Klingen und zum Blühen brachte, wie präzise da die dynamischen Abstufungen, wie schön die Soli herausgearbeitet wurden, das war schon Weltklasse. Die Wiener Philharmoniker geizten nicht mit ihrem Können und zeigten, warum sie eines der weltbesten Orchester sind. Klanglich und spieltechnisch klappte und passte einfach alles. Kein Wunder also, dass das Publikum jubelte. Und natürlich gab es dann zum Dank noch eine kleine Polka von Strauß als Zugabe.