Thomas Hengelbrock
(c) Philharmonie Luxembourg

Thomas Hengelbrock und sein Balthasar-Neumann-Ensemble gehören seit Jahren zu den Lieblingen des Luxemburger Publikums und haben in der Philharmonie unvergessliche Konzerte gespielt. Davon ist unser Mitarbeiter Alain Steffen überzeugt, zumal auch die Aufführung mit dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms’ wieder einmal ein hochkarätiges Konzerterlebnis  bot.

Da das Ensemble sein Repertoire mehr und mehr ausweitet und sich nicht nur mehr auf Barockmusik und frühe Klassik konzentriert, wurde der Name leicht verändert in Balthasar-Neumann-Orchester.

Brahms’ Requiem ist, obwohl im Bremer Dom uraufgeführt, an sich für den Konzertsaal konzipiert und so ist es auch die Regel, dass das Werk von klassischen Symphonieorchestern aufgeführt wird.

Das Balthasar-Neumann-Orchester spielte auf alten Instrumenten, was der Eindringlichkeit der Musik aber keinen Abbruch tat. Im Gegenteil. Wir sind so an den weichen Klang der Symphonieorchester gewohnt, dass wir vergessen, dass Brahms seine Texte aus der Bibel nimmt und den üblichen lateinischen Text der Totenmesse  ignoriert. Es ist ein Requiem, das sich in erster Linie an die Hinterbliebenen wendet und ihnen Trost spenden soll und nicht, wie sonst bei einem Requiem üblich, den Verlust und die Toten beklagt. Der protestantische Charakter des deutschen Requiems kam dann auch gerade in der Interpretation durch das Balthasar-Neumann-Orchester und den Klang der alten Instrumente deutlicher zum Tragen. Thomas Hengelbrock versuchte erst gar nicht, die Musik mit Ecken und Kanten und Tempomodifikationen auszufüllen, sondern er dirigierte ganz im Sinne der Zeit, als Brahms sein Requiem komponierte. Das heißt, ausgeschwungene Melodien, musikalische Schönheit und größte Expressivität standen auch in seiner Interpretation im Mittelpunkt. Somit blieb die Leseart sehr klassisch. Was sich allerdings veränderte, ist das Klanggebilde und der Klang selbst. Die verschiedenen Instrumentengruppen können durch den Charakter der Instrumente anders untereinander agieren und kommen demnach immer wieder zu anderen Klangergebnissen, als man das gewohnt ist.

Thomas Hengelbrock
(c) Philharmonie Luxembourg

Der in diesem Sinne eher spröde, klare, erdige und dunkel timbrierte Klang kommt der Schlichtheit der protestantischen Auslegung zugute, die weniger auf Tradition, Kirche und Prunk ausgerichtet ist und sich direkt auf die Bibel bezieht, was natürlich auch dem Temperament und der Herkunft des in Norddeutschland geborenen Komponisten Brahms entspricht.  Hengelbrock ja ebenfalls Norddeutscher und konnte somit die Gefühlsregungen und Farben der Partitur sehr gut in Musik und Klang umsetzen. Das Balthasar-Neumann-Orchester spielte vorzüglich und mit größter Intensität, und es war ein Genuss zu hören, wie wunderbar sich Instrumente und Chorstimmen vermischten.

Der Gesang des Balthasar-Neumann-Chores war vorzüglich und durch allergrößte Transparenz gekennzeichnet. Für die Aufführungsserie der Deutschen Requiems hatte der bekannte Chordirigent Simon Halsey die Choreinstudierung übernommen und man war erstaunt, wie textdeutlich und präzise die Choristen sangen, ohne dabei den emotionalen Gehalt der Texte zu vernachlässigen. Die beiden Solisten Domen Krziay, Bariton, und Eleanor Lyons, Sopran, sangen ebenfalls hervorragend. Vor allem der intensive Gesang des Baritons und seine in jeder Lage sattelfeste Stimme wussten in jedem Moment zu überzeugen. Mit Eleanor Lyons hatte man eine Sopranistin zur Verfügung, die eine etwas dunklere Stimmfärbung hat, als man es gewohnt ist. Aber auch dies war wohlüberlegt und passte zu dem ganzen Interpretationskonzept von Thomas Hengelbrock.

 

Am Schluss herrschte zunächst ergreifende Stille, dann folgten jubelnder Applaus und Standing Ovations. Felix Mendelssohn Bartholdys Chor ‘Verleih uns Frieden’ folgte als Zugabe und bot einen stimmigen Abschluss dieses schönen Konzertes.

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