John Eliot Gardiner
(c) Alfonso Salgueiro

Das Luxembourg Philharmonic konnte bei seinem Konzert am Donnerstag kein volles Haus verzeichnen, wie unser Mitarbeiter Alain Steffen feststellen musste. Lag es am Dirigenten John Eliot Gardiner, Artist in Residence der Philharmonie, der nach einer Watschenaffäre bei vielen zur einer Persona non grata geworden ist oder lag es auch am Programm?

Jean Sibelius ist in unserem Land noch immer kein Publikumsmagnet, wenngleich er für mich zu den besten und außergewöhnlichsten Symphonikern des 20. Jahrhunderts zählt und seine 5. Symphonie (1914-19) einfach ein tolles Werk ist.

Auch Maurice Ravels Shéhérazade, Trois poèmes pour chant et orchestre sur des vers de Tristan Klingsor (1903) bietet wunderschöne Musik und zeigt den Komponisten auf dem Höhepunkt seines impressionistischen Schaffens. Trotzdem ist Shéhérazade nie zu einem Publikumsrenner geworden. Mit Fatma Saïd, der exzellenten ägytischen Sopranistin, hatte man für dieses Konzert eine Interpretin gewonnen, die Ravels Meisterwerk mit betörendem Vortrag und wunderschöner Stimme bis ins kleinste Detail auszuloten vermochte. Das  Publikum war begeistert und erklatschte sich eine Zugabe, und zwar das arabische Lied Aatini Al Naya Wa Ghanni (Bring mir die Flöte und sing).

Das Konzert begann mit der flotten Ouvertüre Le Corsaire von Hector Berlioz. Und ab der ersten Note war man ebenso überrascht wie fasziniert, denn das Luxembourg Philharmonic klang ganz anders als gewohnt. Die Akzente schienen geschärft, es gab wenig Vibrato in den Streichern und das Blech klang ziemlich grell und akzentuiert. Der sehr entspannt wirkende John Eliot Gardiner hatte die Musiker für sein Konzert anscheinend voll auf seiner Seite. Nicht nur, dass sie ihren typischen Klang für ihn änderten, sondern sie schienen von Gardiners Interpretation wirklich überzeugt zu sein. Gardiner begnügte sich demnach nicht mit einem pathetisch-wuchtigen Klang, der ja heute gerade bei Berlioz zur Regel geworden zu sein scheint, sondern er zeigte, dass dieses Werk für die damalige Zeit revolutionäre Klänge und eine außergewöhnliche Architektur besaß. Bei Gardiner hörte man alles und er schien seinen Berlioz quasi aus der Mitte des Orchesters, das heißt vom Holz aus, aufzubauen.

Auch bei Ravel gab es keine seichten Momente. Die Begleitung war klar, transparent und sehr solistisch angelegt, so dass alle Solopulte sich bestens darstellen konnten. Anstelle eines verwaschenen Klanges gab es viele Konturen, die die Musik einerseits aufhellten und ihr andererseits eine größere Dominanz gaben.

In der 5. Symphonie von Sibelius hatte insbesondere die Bratschengruppe ihre Momente. Gardiner wusste genau, wie Sibelius dieses Werk gedacht hatte, nicht als pathetischer Pomp, sondern als eine Symphonie mit vielen Feinheiten und  Nebenstimmen, voller Dialoge, solistischer Glanzpunkte und innerlich verwobener Themenkomplexe. Daneben baut die Fünfte nach und nach eine ungeheure Innenspannung auf, die wohl in einem der ungewöhnlichsten Finale gipfelt. Auch hier glänzten die Musiker des Luxembourg Philharmonic mit einem ganz anderen Klang, einer ganz neuen und frischen Dynamik und mit viel Spielfreude. Lobenswert die beachtenswerten Soli von Markus Brönnimann, Flöte und David Sattler, Fagott.

 

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