Als Rachmaninov sich entschloss, seine Klavierkonzerte und seine Paganini-Rhapsodie einzuspielen, wählte er jedes Mal das Philadelphia Orchestra aus. Seither gilt das amerikanische Orchester als Rachmaninov-Spezialist. Heute steht Yannick Nézet-Séguin am Pult dieses Orchesters und dirigiert auf der Europa-Tournee unter dem Titel Best of Rachmaninov gleich fünf Rachmaninov-Werke. Alain Steffen hat sich für Pizzicato die beiden ausverkauften Konzerte angehört.
Für diese Tournee, die am vergangenen Freitag in der Philharmonie Luxemburg begann, hatte man den Pianisten Daniil Trifonov gewonnen, der sowohl die Paganini-Rhapsodie wie auch das 4. Klavierkonzert spielte. Seine Interpretationen wurden zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis. Mit rasanten Tempi und einer phänomenalen Virtuosität gestaltete er die Variationen der Rhapsodie und kam dabei interpretatorisch sehr nahe an Rachmaninovs eigene Aufnahme heran. Trifonov spielte ohne einen Anflug von vernehmbarer Anstrengung, und seine Virtuosität schien Flügel zu bekommen und sich zu verselbstständigen. Das war ganz große Klavierkunst! Dass Daniil Trifonov auch ein schwächeres Werk durchaus aufwerten kann, bewies er mit seiner Interpretation des 4. Klavierkonzerts. Er nahm das Konzert sehr ernst, behandelte die Noten mit Respekt und bewies, dass dieses 4. Konzert durchaus seinen Reiz hat. Natürlich half Trifonovs ganz besondere virtuose Dynamik mit, die Musik maximal aufzuwerten.
Yannick Nézet-Séguin genoss es förmlich, aus dem Vollen zu schöpfen. Kein Wunder, mit dem Philadelphia Orchestra stand ihm einer der weltbesten Klangkörper zu Verfügung, dessen Klangpotential und Spielkultur einfach phantastisch sind. Und dieser amerikanische Klang passt einfach hervorragend zu Rachmaninovs Musik. So wurde auch die 1. Symphonie, ein virtuos inszeniertes und rhythmisch prägnantes Jugendwerk, zu einem Hörerlebnis, weil sich der Dirigent nicht auf eine intellektuelle Ebene stellte, sondern die Musik aus dem Bauch heraus dirigierte und sie somit für das Publikum problemlos erlebbar machte.
Auch die gefährlich pathetische und sehr lange 2. Symphonie wusste Nézet-Séguin mit einem ausgewogenen Gefühl von Lyrismus, Klangopulenz und markant-explosivem Musizieren nicht nur erträglich zu machen, sondern das Publikum von seinen Stärken und seiner expressiven Intensität zu überzeugen, ohne jemals ins Süßliche abzurutschen.
Die Standing Ovations waren an beiden Abenden mehr als gerechtfertigt, denn ein derart perfektes, klanggewaltiges und lebendiges Orchesterspiel hört man selten.