Wie sehr moderne Inszenierungen Opern verhunzen können, das konnten luxemburgische Opernfreunde vor kurzem im Grand Théâtre mit Tristan und Isolde und im letzten Jahr mit der Entführung aus dem Serail erleben. Die halbszenischen Aufführungen dagegen, die in der Philharmonie präsentiert werden, haben ganz anderen Charakter. Auch Mozarts Cosi fan tutte konnte unseren Mitarbeiter Alain Steffen in dieser Hinsicht vollends überzeugen.
Regisseurin Salomé Im Hof brauchte keine abgefahrenen Ideen oder gar Kulissen, hinter denen sie sich verstecken konnte. Geradlinig und spannend, amüsant und präzise führte sie das spielfreudige Ensemble durch den Abend und erzählte die Geschichte gerade heraus, ohne intellektuelle Deutungen und individuelle Peinlichkeiten. Dank der permanenten Aktion konnten sich die Protagonisten sehr gut mit ihren Rollen definieren und, anders als bei konzertanten Aufführungen, wo vom Blatt gesungen wird, interpretierten die Sänger ihre Figuren auswendig, wie bei einer Opernaufführung. Das brachte dann auch die Leichtigkeit mit sich, die Mozarts Cosi fan tutte braucht. Das Werk sprüht nur so vor genialen Ideen; die Musik, die Arien, die Ensembles sind so toll gestaltet, dass dieses Werk trotz seiner Dauer von 3 Stunden keinen Moment der Langeweile aufkommen lässt.
Die Besetzung dieser halbszenischen Cosi war exzellent. Angeführt wurde das überragende Ensemble von Julia Lezhneva als Fiordiligi, Sandrine Piau als Despina und Tomaso Barea als Guglielmo. Die drei Sänger hatten im Gegensatz zu ihren Kollegen die größeren Stimmen, doch unterm Strich konnten alle mit hervorragendem Gesang punkten. Julia Lezhneva war eine frische, mädchenhafte Fordiligi mit einer wunderbar lyrischen Stimme und einem glockenhellen, ansprechenden Timbre. Tomaso Barea ist eigentlich schon ein richtiger Don Giovanni, maskulin, stimmprächtig und präsent, und war somit der Rolle des Guglielmo etwas entwachsen. Sandrine Piau, immerhin schon 57 Jahre alt, begeisterte mit einem enorm jugendlichen, flexiblen und unverbrauchten Sopran und verlieh der Despina einen unverwechselbaren Charakter. Als Dorabella überzeugte die spiel- und singfreudige Emöke Barath, deren ansprechender Gesangsstil vom Feinsten war. Da ihr Sopran etwas dunkler ist als der ihrer ‘Schwester’, hoben sich beide Stimmen gut voneinander ab. Alastair Kent war ein nobler Ferrando und erinnerte mit seinem subtilen und in den piano-passagen wunderbar tragfähigem Tenor an große Mozart-Sänger wie Dermota oder Haefliger. Als Don Alfonso erlebten wir den Bass-Bariton Konstantin Wolff, der der Figur einen hintergründigen, verschlagenen aber eigentlich nie bösartigen Charakter verlieh. Sängerisch hielt er sich bewusst im Hintergrund, charakterisierte seine Figur als Strippenzieher und überließ den beiden ‘Paaren’ gerne den Vorzug.
Spiritus rector dieser Cosi fan tutte-Aufführung war der Dirigent Giovanni Antonini, der das Kammerorchester Basel zu einem enorm dynamischen und spritzigen Spiel anhielt, die Sänger aber sehr hellhörig begleitete und immer wieder wunderbare Einzelheiten und Nebenstimmen aus dem Orchester heraushob. Das Kammerorchester Basler ist mit der historisch informierten Aufführungspraxis bestens vertraut und zeigte mit dieser Cosi demnach sein ganzes Können. Die beiden Choreinlagen wurden von den Basler Madrigalisten makellos gesungen.