Der luxemburgische Cellist Benjamin Kruithof gehört zu den vielversprechendsten Künstlern seiner Generation. Sein Spiel zeugt von einer unwahrscheinlichen Musikalität und einer interpretatorischen Reife, die in diesem Alter eher selten ist, so dass ihm jetzt schon eine große internationale Karriere vorausgesagt werden kann. Und nicht umsonst wurde Kruithof in dieser Spielzeit zum ECHO-Musiker gekürt, um in den besten Konzerthäusern Europas auftreten zu können. Alain Steffen hat den jungen Cellisten in Luxemburg gehört.
In der Philharmonie in Luxemburg trat er mit seinem Klavierpartner Marco Sanna auf in einem Programm mit Werken von Beethoven, Sally Beamish und Serge Rachmaninov.
Die einzige Enttäuschung dieses musikalisch großartigen Abends war das für Benjamin Kruithof komponierte Werk Rêverie von Sally Beamish. In den 13 Minuten Aufführungsdauer gab es zwar einen interessanten Anfang, danach spulte das Werk zwischen pianissimo am Anfang, fortissimo in der Mitte und pianissimo am Schluss vorhersehbar dahin, ohne wirklich fesselnd zu wirken. Reverie mag vielleicht interessant für die beiden Musiker sein, Beamishs Musik bleibt, wie so viele zeitgenössische Werke, ohne wirklichen Charakter.
Ausgehend von einem Fragment einer luxemburgischen Volksmelodie beschreibt es die innere Ruhe, die der Cellist in seinem Heimatland Luxemburg findet, wenn er durch die Natur mit ihren Seen, Flüssen und ihren grünen Hügeln wandert. Gespielt wurde Reverie erstklassig.
Bereits das erste Werk des Abends, Beethovens eher selten gespielte Sonate für Cello und Klavier Nr. 5 zeigte die Klasse von Kruithofs Spiel, das Beethovens Musik sehr markant und akzentreich darstellte. Immer im Einklang mit dem Pianisten entwickelte Kruithof einen sehr reliefartigen Beethoven, der durch seine Kantigkeit in jedem Moment zu überzeugen wusste. Im Gegensatz zu Sally Beamish, die innerhalb ihres Werkes eigentlich nie so richtig auf den Punkt kam, zeigten die Trois pièces pour violoncelle et piano (1914) von Nadia Boulanger. wie man innerhalb kurzer Zeit drei kompakte und zudem ausgewogene Stücke komponieren kann. Impressionistische Farben, wunderbare Melodien, melancholische Momente und kontrollierte Virtuosität bieten innerhalb der 8 Minuten Spieldauer eine ganze Vielfalt an hervorragend komponierten und in sich schlüssigen Ideen. Auch hier nur Lob für Kruithof und seinen ebenso genialen wie hellhörigen Pianisten Marco Sanna.
Das Sahnehäubchen des Abends aber war die herrliche Sonate für Cello und Klavier von Serge Rachmaninov, die Kruithof höchstwahrscheinlich mit einem anderen Bogen spielte, denn das musikalische Resultat war ganz anders als in der ersten Konzerthälfte. Bei Rachmaninov überwog jetzt ein sehr warmes, lyrisches und rundes Spiel, das jede einzelne Melodie Rachmaninoffs quasi zu adeln schien und die Sonate mit einer wunderbaren Expressivität ausstatte, die in keinem Moment übertrieben war. Trotzdem atmete und pulsierte die Musik und der Hörer konnte sich einem völlig natürlichen und immer achtsam gespielten Melodiefluss hingeben.
Es war schön zu hören, welch integrer und kunstvoll gestaltender Interpret Benjamin Kruithof geworden ist. Aber auch schön zu erleben, wie er und sein auf gleich hohem Niveau spielender Pianist Marco Sanna es verstanden, Musik zum Leben zu erwecken und das Publikum ohne Effekte auf eine wundervolle musikalische Reise mitzunehmen.