Vermutlich mit ihrem Lieblingswerk, dem Klavierkonzert von Robert Schumann, beendeten Hélène Grimaud und die Camerata Salzburg ihr Konzert in Luxemburg. Erstmals wieder mit einer Pause, allerdings ohne Gastronomie, hatten die Beteiligten das Konzert mit dem Klavierkonzert in d-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart eingeleitet. Zwischen den beiden Konzerten erklang die große g-Moll Symphonie von Mozart, also KV 550, weiß Uwe Krusch für Pizzicato zu berichten.
Es wurde also ein Programm ganz im Sinne der Konzertreihe Große Klassik geboten. Die Camerata Salzburg spielt ohne Dirigenten. Stattdessen leitet der Konzertmeister das Ensemble vom ersten Pult aus. Dafür ist es wichtig, dass er sichtbar ist. Es reicht nicht allein, wenn er ausgezeichnet spielt, sondern muss mit klarer Körpersprache seine Gruppe der ersten Geigen leiten. Und mit weiteren Gesten oder Aktionen, wie Tempovorgaben, auch das gesamte Orchester koordinieren und inspirieren. Bei Giovanni Guzzi, der seit dem letzten Jahr diese Aufgabe übernommen hat, kann man einen Mangel an diesem Erfordernis nicht sehen. Im Gegenteil schien mir die Sichtbarkeit überintensiv zu sein. Ob er mit seinem italienisch-venezolanischen Temperament einfach so zu nehmen ist oder ob er Anzeichen von Hyperaktivität zeigt, kann ich nicht beurteilen. Oder ob er seinem Ensemble (noch) nicht vertraut? Aber die teilweise großen Gesten, das häufige heftige Wippen mit dem Fuß, hoffentlich immer im Takt, das sich Erheben vom Stuhl, all das bot ein Schauspiel, das mit geschlossenen Augen besser zu genießen war. Allerdings darf man konstatieren, dass das interpretatorische Ergebnis, deswegen oder trotzdem, ausgezeichnet war. Mit großer Homogenität, gepflegten und durchgehaltenen Tempi und fein ausgestalteter Architektur der Werke verteidigt die Camerata den ihr vorauseilenden Ruf. Besonders positiv auffällig agierten die Holzbläser.
So gestaltete die Camerata Salzburg eine durch und durch klassische Interpretation der Symphonie. Solide wurden die Tempi im Erwartbaren realisiert und auch bei der Gestaltung der Musik gab es keine Fisimatenten, so dass dieser Teil des Konzerts zwar auch keine Überraschungen bot, aber eine durch und durch stringente Deutung. Herauszuheben ist der zweite, also langsame Satz. Hier blieb das Orchester ganz seiner kammermusikalischen Größe treu und legte eine nie laut werdende Interpretation vor, die ganz vom langsamen Fluss beseelt war. Andere Orchester verfallen in dem Satz gerne in gröbere Gangart.
Eröffnet wurde der Abend mit dem Mozartkonzert. Dass gleich zwei Moll-Kompositionen, das von Mozart kaum verwendete Tongeschlecht, gespielt wurden, führte aber nicht zu belasteten Seelen. Die Symphonie kann man als Sturm und Drang Werk hören, das Konzert als lässt sich als emotionsgeladen und weniger als traurig hören. In diesem Sinne realisierten Grimaud und die Camerata das Werk in eng abgestimmter Partnerschaft. Grimaud hatte sich nicht eine kristallin spröde Spielweise zurechtgelegt, sondern ließ durchaus gestalterisch auch gefühlvollere Elemente einfließen, ohne deswegen den klassischen Komponisten zu leugnen. Doch insgesamt legte sie eine gut durchhörbare Ausgestaltung vor.
Schon 2019 hatte Grimaud hier mit anderen Partnern das Werk von Schumann aufgeführt. Statt eines weiteren Konzerts von Mozarts stand es auf kurzfristigen Wunsch der Solistin auch jetzt wieder auf dem Programm. Wiederum konnte sie in gutem Kontakt mit der Camerata zusammen kommen. Leichte Diskrepanzen bei manchem Zusammenspiel und eine nicht ganz so prägnante Orchesterbegleitung wie bei Mozart mögen auf eine zu kurze gemeinsame Vorbereitungszeit zurückzuführen sein.
Grimaud selbst jedenfalls bewegte sich bei diesem Werk nicht nur auf sicherem Eis, sondern in wohlbereiteten Gefilden. So konnte sie ihre fein austarierte Interpretation vortragen. Wohl auch wegen ihres besonderen Verhältnisses zu dem Werk konnte sie mit aller lässigen Eleganz, ganz bedacht auf eine musikalisch in allen Fugen vordringende Lesart den Solopart vortragen. Hier entfaltete ihr auf ein klangvolles Ergebnis angelegtes Spiel die noch größere Nähe zu diesem Werk erkennen.
Stürmischer Applaus für diesen ganz klassischen Abend ließ vermuten, dass das Publikum es genossen hatte.