Das Bayerische Staatsorchester gastierte mit seinem Chefdirigenten Vladimir Jurowski und der Sopranistin Sabine Devieilhe in der Luxemburger Philharmonie. Alain Steffen hat sich das Konzert für Pizzicato angehört.
Im Oktober vergangenen Jahres hatte die französische Sopranistin Sabine Devieilhe das Publikum begeistert, als sie zusammen mit dem Pianisten Alexandre Tharaud einen Liederabend mit französischen Mélodies im Kammermusiksaal der Philharmonie gegeben hatte. Nun kehrte sie zurück und interpretierte Benjamin Brittens Liederzyklus Les Illuminations nach Texten von Rimbaud, dies zusammen mit dem Bayerischen Staatsorchester unter Vladimir Jurowski.
Dabei begeisterte Sabine Devieilhe wieder einmal durch ihre kluge Gestaltung, ihre präzise Textdeklamation und ihre wunderbare Stimme. Ihr heller Sopran, der so gut für Mozart, das Barockrepertoire und die französischen Lieder geeignet ist, bewährte sich auch hier. Gerade die Reinheit ihres Gesangs und die jugendliche Unbekümmertheit, die immer wieder mitschwang, waren ein interessantes Pendant zu den mystischen und quasi surrealistischen Texten Rimbauds. Wie schon bei ihrem Liederabend wusste Sabine Devieilhe auch mit dem komplexen Britten-Werk das Publikum zu begeistern. Als Zugabe sang sie ein ukrainisches Volkslied, begleitet von Vladimir Jurowski am Klavier.
Der russische Dirigent hatte sich für diese Tournee in sehr interessantes und ungewöhnliches Programm zusammengestellt. Zuerst die vom Bayerischen Staatsorchester phantastisch gespielten Sea-Interludes aus Brittens Oper Peter Grimes, bei der man wirklich das Wellengetöse hautnah miterleben konnte. Jurowski erwies sich als ein Meister der Klangstaffelung und schuf eine sehr räumlich klingende Interpretation mit enormer Tiefe. Hervorragend auch die Begleitung der Streicher bei Brittens Liederzyklus, wenngleich das voll aufspielende Ensemble die Sängerin manchmal etwas zuzudecken drohte. Nach der Pause erklang die Orchestersuite aus Debussys Oper Pelléas und Mélisande, die der Dirigent Erich Leinsdorf Mitte der vierziger Jahre erstellt hatte. Die halbstündige Suite zeigt sehr gut Debussys Kunst der Instrumentation und einer komplett neuen Form der Musik, die sich stetig verändert, ohne dabei wirklich in Bewegung zu geraten. Bewegung gab es dann zum Schluss, als Maurice Ravels La Valse erklang. Jurowski und das Bayerische Staatsorchester boten eine souveräne und klangprächtige Wiedergabe, die dank des guten Raumgefühls des Dirigenten viele orchestrale Einzelheiten erkennen ließ ohne dabei allzu plakativ zu wirken.
Als Zugabe und als Widmung an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi spielte das Bayerische Staatsorchester unter Vladimir Jurowski zum Abschluss die Berceuse Héroïque, die Claude Debussy 1914 als Ehrenbezeugung vor dem belgischen König Albert I. komponiert hatte, als dieser nach dem Einfall deutscher Truppen trotz hoffnungsloser Unterlegenheit die Neutralität Belgiens verteidigte.