Das Philharmonische Orchester Luxemburg (OPL) hatte sich für sein aktuelles Konzert ein zutiefst deutsches Programm von den Richards ausgewählt, bei dem Gastdirigent Marek Janowski das Orchester durch den Abend führte. Neben dem Siegfried Idyll von Wagner gab es von Strauss seine selten zu hörende Symphonia Domestica und die dafür umso bekannteren Vier letzten Lieder. Dafür hatte sich die Sopranistin Iwona Sobotka hinzugesellt. Wie dieses Zusammenwirken gelungen ist, kann Uwe Krusch für Pizzicato mitteilen.
Da mag man zunächst Äußerlichkeiten bemerken. Janowski verzieht den ganzen Abend über, soweit man ihn vom Zuschauerraum aus sehen kann, nicht einmal die Miene. Das kann sein Stil sein. Auffällig ist jedoch der Konzertabschuss, bei dem er die Orchestersolisten aufstehen lässt, damit sie ihren verdienten Applaus bekommen. Das gilt insbesondere für die Hörner und vor allem die Holzbläser, die einmal mehr ein famoses musikalisches Gruppenbild abgaben. Doch dem Konzertmeister, der wie bei Strauss üblich eine Reihe von Soli zu bewältigen hatte, und auch den anderen Streichersolisten ließ er diese Ehrung nicht zuteilwerden. Allein einen Händedruck im Vorbeigehen hatte er für Haoxing Liang übrig. Da schien die Chemie nicht zu stimmen. Lässt sich das auch vom Klangergebnis her nachvollziehen?
Dafür kann man das letzte Werk des Abends, die Symphonia Domestica, heranziehen, die bei ihrer Entstehung vom Publikum gut angenommen wurde. Heute aber führt sie eher ein Schattendasein und ist deshalb selten zu hören. Dabei bietet sie doch kompositorisch eigentlich alles, was man sich bei Strauss vorstellt. Und dem OPL gelang es unter Janowski auch ausgezeichnet, die technischen Herausforderungen umzusetzen. Bis auf kleinere Unebenheiten präsentierte sich das Ensemble in Form. Aber damit ist nur die technische Seite abgedeckt.
Wie sieht es mit der Interpretation aus? Über Fleißkärtchen kam das Werk nicht hinaus. Eigentlich sollte man meinen, dass ein Ensemble, das mit den Farben der französischen Musik vertraut ist, auch die Klangpracht eines Strauss zeigen kann. Das aber blieb hier aus. Ein Schmelzen, Sehnen und Opulenz gab es nicht zu hören. Sowohl die kammermusikalischen Passagen als auch die ausladenden Tuttimomente wurden gut strukturiert über die Rampe gebracht. Da spürte man die koordinierende Hand des Dirigenten, der das Orchester insoweit gut eingestellt hat. Doch darüber hinausgehende interpretatorische Flüge blieben aus. Der Höreindruck blieb sozusagen neutral. Der Vorteil war vielleicht, dass mit der Auswahl dieses Stücks eines gewählt wurde, bei dem sich nicht allzu viele Vergleiche mit herausragenden Vorbildern anbieten, so dass man diese Schwächen nicht direkt wahrnehmen kann. Auch in Bezug auf die Soli des Konzertmeisters muss man leider konstatieren, dass sich diese in den Kontext einpassten. Strauss bietet dem Konzertmeister immer tolle solistische Aufgaben, so konnte man die Soli hier aber nicht erleben. Gediegen ja, aber nicht überfliegend.
Damit scheint sich fortzusetzen, was sich bereits im Saisoneröffnungskonzert mit Brahms angedeutet hat, dass dem Orchester eine Ader für das deutsche Repertoire fehlt oder sie zumindest erst noch entwickelt werden muss. Da bleibt noch viel zu tun.
Zur Einstimmung hatten das OPL und Janowski das Siegried Idyll von Wagner angeboten. Auch hier lässt sich nichts anderes sagen, als das soweit alles korrekt war, aber weitgehend seelenlos. In der Mitte des Programms standen die vier letzten Lieder von Richard Strauss auf dem Programm, in denen die polnische Sängerin Iwona Sobotka den Gesangspart abdeckte. Dank dieser Gewinnerin des Reine Elisabeth Preises boten diese Lieder einen herausragenden Mittelpunkt des Abends. Zwar schien auch sie dem Orchester eher zurückhaltend gegenüber, doch entwickelte sie trotzdem eine hörenswerte Deutung dieser Komposition. Mit mühelos strahlender Stimme, die leicht und doch auch innig im Ausdruck gestaltete sie den Part. Die Qualität der bahnbrechenden Interpretationen erreichte sie nicht und die Textverständlichkeit ist auch verbesserungsfähig. Ansonsten aber konnte sich diese Darbietung hören lassen.
Das Klangpanorama, das bei Wagner- und Strauss-Interpretationen möglich ist, kam hier also auch nicht annähernd in die Nähe edelromantischen Kitsches, sondern blieb leider eher blass.