In der Philharmonie Luxembourg war das Rotterdam Philharmonic Orchestra mit einem durch und durch klassisch aufgebauten Programm, also Ouvertüre, Solokonzert und Symphonie, zu Gast. Was dieses Konzert trotz dieser konventionellen Gestaltung an Reizen zu bieten hatte, erlebte Uwe Krusch.
Das Orchester war in einer dem Sujet entsprechend reduzierten Besetzung, auch bei den Streichern, angereist, so dass es nur kleines sinfonisches Format hatte. Dirigent und Solist am Piano war Chefdirigent Lahav Shani.
In der wieder auf ‘normal’ arbeitenden Philharmonie, also einer theoretisch vollen Besetzung ohne freie Plätze, was leider nicht so intensiv wie möglich genutzt wurde, und mit Restaurationsmöglichkeit in den musikfreien Zeiten des Abends, boten Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy den Rahmen für das A-Dur Klavierkonzert KV 488 von Wolfgang Amadeus Mozart. Shani spielte und dirigierte das gesamte Programm nicht nur auswendig, sondern auch ohne Taktstock oder abgekauten Bleistift, also nur mit den Händen und Fingern.
Der ruhige Beginn des Abends war dem gewählten Werk, der Ouvertüre Meeresstille und glückliche Fahrt gewidmet, die zwei unterschiedliche Gedichte von Goethe in ebenso unterschiedlicher Weise in Töne umsetzt. Die Meeresstille wird zuvörderst durch langsam wogende Streicher dargestellt. Die Umsetzung gelang dem Ensemble in einer satten, aber eben auch den langen Atem beherrschenden Weise. Im zweiten Teil des Stückes, der, wie der Titel schon ausdrückt, Unterwegssein und positive Stimmung verkörpert, bot das Orchester dann die Bewegungen und den positiven Ausdruck der Gefühlswelten.
Eine Vielzahl solcher Bilder und auch Stimmungen finden sich auch in der Dritten Symphonie, die den Titel Schottische trägt. Mit den Eindrücken einer Studienreise in diese Region ist Mendelssohn eine äußerst starke Naturbeschreibung gelungen, die von den Interpreten auch ebenso vielgestaltig und intensiv dargestellt wurde. Neben homogenen und agilen Streichern durften die Bläser sich mit feinen Solo- und Ensembledarstellungen hervortun. Insgesamt hatte Shani die Interpretation auch im Sinne des Gesamtabends klassisch angelegt. Denn es wurden gehaltvoll und sorgfältig ausformulierte Phrasen und Entwicklungen geboten und keine auf starken zugespitzten Ausdruck hin formulierte Steigerungen, so dass das Werk in einer wirklich auf spannenden Bögen gegründeten Interpretation erklang. Diese wurde vom Publikum so intensiv wahrgenommen und goutiert, dass zwei Lieder ohne Worte in der vom Dirigenten geschaffenen Orchesterfassung hier erstmals zu hören waren. Das abschließende Gondellied führte dann zur Beruhigung der Gemüter wieder zur Stille des Meeres zurück.
Dazwischen erklang eines der Klavierkonzerte von Mozart. Auch hier wieder handelt es sich um eine zutiefst klassische Form, die Mozart jedoch jeweils so individuell und einmalig gestaltete, dass diese Konzerte nach wie vor als Maßstab der Gattung gelten können. Der zuvor schon beschriebenen Darstellungslinie treu bleibend, leitete Shani vom Klavier aus. Auch als Pianist wusste er zu überzeugen und mit perlend leichtem Spiel und exquisiter Feinheit zu gefallen. Vielleicht hätte ich mir noch einen Hauch mehr Spritzigkeit und Raffinement vorstellen können. Aber alles in allem wurde das Konzert in einer mehr als befriedigenden Weise gespielt. So durften die Anwesenden einen durch und durch klassisch bemessenen und feinen Konzertabend erleben, der keine Wünsche offen ließ und die Zuhörerschaft animieren sollte, die neue Freiheit mit seiner Anwesenheit zu genießen.