Die Luxemburger Philharmonie feierte am Donnerstag ihren 15. Geburtstag. Uwe Krusch berichtet von einem sehr speziellen Konzert-
Eigentlich sind die vergangenen 15 Jahre mit allen ihren musikalischen Höhepunkten und anderen musikbezogenen Ereignissen in der Philharmonie Luxemburg ein wahrer Grund, groß zu feiern und sich auf die Zukunft zu freuen. Doch die Zeitgeschichte hat diesen Tag in die Lockerungsphase der COVID-19 Pandemie geworfen. Und da ist nichts normal und eine ausgelassene Feier nicht möglich. Dass auf den Tag genau nach 15 Jahren trotzdem eine veritable Feierstunde zelebriert werden konnte, ist Dank mancher Verhaltensregel auf und vor der Bühne gelungen.
Zunächst mussten sowohl Zuhörer als auch Musiker den Weg zu ihrem Platz mit Masken bewältigen, bevor dieser Gesichtsschmuck abgenommen werden durfte. Ebenso erlaubten die Abstände, die notwendig waren, nur eine sporadische Besetzung des Auditoriums. Mit vielen freien Plätzen zwischen den Besuchern und auch noch mehr freien Reihen bot sich das ungewohnte Bild eines gefühlt nahezu leeren Saals. Auf der Bühne gab es dagegen nur großen Abstand und die Fläche wurde bis in die hintersten Winkel ausgenutzt. Am auffallendsten war zunächst, dass die Streicher des Philharmonischen Orchesters Luxemburg (OPL) nicht wie üblich zu zweit am Pult und in dichten Reihen hinterher gesetzt waren, sondern einzeln mit jeweils dem erforderlichen Sicherheitsabstand angeordnet waren. Gleiches galt für alle anderen Musiker. Mit leicht reduzierter Besetzung vor allem bei den Streichern konnte so doch fast die übliche Größe des Orchesters aufspielen.
Doch vor das Musikerlebnis hatte die Regie noch drei kurze Geburtstagsgrußbotschaften gesetzt. Als Einspieler wurde ein Film gezeigt, in dem Künstler, die schon in der Philharmonie aufgetreten waren, dieser zum Geburtstag gratulieren. Von Jazz über Klassik bis zur Weltmusik waren alle lokalen und internationalen Größen vertreten und konnten mit Instrument oder Gesang ihre Freude über diesen großartigen Saal mitteilen. Es schlossen sich die Grußworte von Generaldirektor Stephan Gehmacher und Ministerin Sam Tanson, die für Kultur und Justiz verantwortlich zeichnet, an, die vor allem auch den großen Anteil des OPL hervorhoben.
Doch schließlich gab es Musik zu hören. Wegen der Umstände dauerte das Programm nur etwa eine Stunde und wurde ohne Pause für das Publikum absolviert, um unnötige Bewegungen zu vermeiden. Zu Anfang konnte auch der dienstfreie Konzertmeister die Zwischenakt zur Schauspielmusik Rosamunde von Franz Schubert mit Streichern und kleinerer Bläserbesetzung erleben. Ganz im klassischen Gestus wurde diese Musik, anders als vor einem dreiviertel Jahr die Zauberharfe durchaus sensibel und sanft zu Gehör gebracht. Auffallend war auch die sozusagen weichzeichnende Markierung der Töne. Daraus entwickelte sich eine melodiös getragene Sicht. Damit konnten Gimeno und das OPL eine gut strukturiert und aufmerksam den Details nachforschende Deutung spielen, die dennoch immer den Zusammenhang hielt.
Genau wie zum Saisonbeginn, damals noch im großen normalen Rahmen, hatten die Musiker dann wieder die erste Symphonie von Johannes Brahms aufgelegt. Mit der Interpretation von September 2019 in der Erinnerung, durfte man sich nunmehr über einen entwickelten Ansatz in der Bewältigung des Werkes freuen. Wie es ja auch schon damals bzw. zuletzt auch für die CD und das Konzert mit der Symphonie von César Franck festgestellt wurde, haben Dirigent und Orchester eine sehr intensive und feinfühlige Form der Zusammenarbeit entwickelt, die sehr detailreiche und gut strukturierte Analyse des Werkes hervorbrachte, die sich insbesondere in den ersten beiden Sätzen manifestierte. Aber gerade auch bei Brahms besteht die Gefahr, dass dieser genaue Blick zu Lasten der Energie und des Flusses geht. Diese Beobachtung hat der Rezensent auch an diesem Abend gemacht. Schön gestaltete und delikat ausgehorchte Abschnitte waren umgeben von anderen solchen Partien. Aber sie standen eher nebeneinander, als dass sie sich bedrängten und einen großen breiten Strom ergaben, dessen Bewegungen nach vorne drängen und alles mitreißen. Trotz deutlicher gestalterischer Verbesserungen gibt es hier noch einen Aspekt, der sich noch steigern ließe. Auch die Überlegung, dass die lange Pause im Zusammenspiel und die lockere ungewohnte Sitzordnung einen negativen Einfluss hatten, sollte man nicht einfach von der Bühne wischen. Aber so eine leichte Ausrede erscheint vor dem Hintergrund, dass es sich nicht um eine neue Feststellung handelt, dann doch nicht zwingend.
Es ist einfach schön, wieder das richtige Konzerterlebnis genießen zu können. Das ist umso erfreulicher, wenn eines der wenigen Ensemble, die unter den gegebenen Umständen überhaupt zur Verfügung stehen, eine so valide Leistung anbieten kann. Für alle Beteiligten war es nur ein kleiner Schritt in dieses Konzert, aber solche Initiativen sind große Schritte für die Wiederbelebung der aktiven Kunstszene in dieser versammlungsfeindlichen Zeit. Ein höchst willkommener und gelungener Schritt.