Vom 3. – 11. Juni sind die Wiener Philharmoniker mit Dirigent Andris Nelsons auf Tournee uns spielen in Prag, Dresden, Berlin, Hamburg, Köln, Luxemburg, Brüssel und Paris, ehe sie noch zusammen daheim bis zum 21. Juni einige Konzerte in Schönbrunn, dem Musikverein und dem Konzerthaus geben. Alain Steffen hat sich das Konzert in der Luxemburger Philharmonie angehört.
Dass selbst bei einem Konzert wie dem der Wiener Philharmoniker noch Plätze im großen Saal der Philharmonie frei blieben, zeigt deutlich, dass auch die Post-Corona-Zeit immer noch viele Menschen von Konzertbesuchen abhält. Auf dem Tourneeprogramm des Orchesters stehen drei Werke, nämlich Fairytale Poem von Sofia Gubaidulina, die 9. Symphonie von Dmitri Shostakovich und die 6. Symphonie von Antonin Dvorak, also eher Werke aus der zweiten Reihe.
Gubaidulinas Fairytale Poem ist sicherlich für ein Orchester sehr interessant zu spielen, da sich die Komponistin als Meisterin einer subtilen Instrumentierung und Orchestrierung erweist und wundervolle Klangwelten erschafft. Für das Publikum ist das Werk vielleicht weniger reizvoll, weil es musikalisch nicht unbedingt den Hörer sofort in seinen Bann zieht. Die Wiener Philharmoniker aber begeisterten ab der ersten Sekunde mit einem perfekt ausbalancierten Spiel und Solopassagen allererster Güte. Nelsons konnte die subtilen Linien der Musik sehr gut hörbar machen und wusste sie auch räumlich bestens in Szene zu setzen.
Shostakovichs 9. Symphonie unterscheidet sich ja bekanntlich sehr von den großen, ernsthaften 9. Symphonien eines Beethoven, Bruckner oder Mahler und fällt eine oft grotesk überzogene Musik auf, die vielleicht nur im langsamen 2. Satz das Innenleben des Komponisten wirklich erkennen lässt. Nach dem Sieg der sowjetischen Truppen 1944 über die deutsche Armee wäre natürlich eine Siegessymphonie angebracht gewesen, aber auch hier entzieht sich der Komponist gekonnt dem politischen Druck und dreht der politischen Spitze eine lange Nase. Andris Nelsons zeigte sich an diesem Abend als sehr guter Shostakovich-Interpret, andererseits beherrschte auch die (amerikanische) Kunst der Klangopulenz. Somit kamen in diesem Konzert die treuen intellektuellen Shostakovich-Anhänger ebenso auf ihre Kosten wie die Klangliebhaber.
Mit Dvoraks 6. Symphonie, die ohnehin keine großen interpretatorischen Visionen zulässt und sich voll und ganz zur tschechischen Tradition bekennt, erlebte das Publikum eine hochkarätige, allerdings sehr routiniert wirkende Interpretation, die vor allem durch Klang und Orchesterleistung für sich einnahm. Nach einer Zugabe, dem Strauss-Walzer ‘Wo die Zitronen blühn’, wurde die Gäste aus Österreich mit einer Standing Ovation verabschiedet.