Seit Jahren schon ist Daniel Harding ein sehr beliebter und regelmäßiger Gast in der Philharmonie Luxemburg. Diesmal kam er zusammen mit seinem Swedish Radio Symphony Orchestra, in dem auch der Luxemburger Trompeter Max Asselborn spielt. Alain Steffen war für Pizzicato dabei.
Bereits in En Skärgardssägen (Eine Schärensage) von Hugo Alfven wurden die Stärken des Orchesters klar: Ein homogener, erstaunlich weicher, aber immer erdigen Streicherklang mit dunkeltimbrierten Celli und tiefen Kontrabässen sorgte für die Grundstimmung, in die sich dann Holz und Blechbläser kammermusikalisch fein und fast solistisch einfügten. Hardings umsichtiges und präzises Dirigat strebte ein sehr offenes, pulsierendes und atmendes Orchesterspiel ohne Pomp und Pathos an. Selbst der Anfang von Also sprach Zarathustra von Richard Strauss klang trotz seiner Wucht durchsichtig und kontrolliert. Viel interessanter war, was danach geschah. Harding beließ es nicht bei einer routinierten, auf wenige Linien konzentrierte Interpretation, sondern tief immer weiter in das Klanggebilde vor, hob Nebenstimmen heraus, kreierte wundervolle poetische Stimmungen und schuf mit seiner intelligenten Leseart eine regelrechte Wiese an Klängen und magischen Momenten. Die Soli waren wunderbar, vor allem durfte die Konzertmeisterin mit einem sehr schönen und expressiven Geigenspiel glänzen. Dieser poetische und klangfarbenreiche Faden zog sich dann auch durch den ganzen Abend. Das Konzert, das so wunderschön mit Alfven begonnen hatte und stimmungsvoll mit Strauss zu Ende ging, besaß im Mittelteil einen ungeahnten Höhepunkt, nämlich Beethovens Klavierkonzert Nr. 4. Alexandre Kantorow ersetzte die erkrankte Pianistin Maria Joao Pires.
Und es wurde ein unvergessliches Erlebnis. Kantorow ging das Werk sanft und poetisch an. Der Anfang geriet ihm phantastisch, sensibler und nuancenreicher kann man das nicht spielen. Diese poetische Leseart ohne jeglichen Anflug von Manierismen wurde dann sofort von Harding und dem hervorragenden Swedish Radio Symphony Orchestre übernommen und weitergeführt. Darüber hinaus legte Harding seinem Solisten einen wunderbaren Klangteppich aus, auf der er nach Herzenslust atmen und phrasieren konnte. Harding erwies sich als aufmerksamer Dirigent, immer bereit, einen lebendigen Dialog mit Kantorow einzugehen. Die Orchestermusiker, flexibel und aufmerksam, begleiteten auf höchstem Niveau. Der folgende Mittelsatz geriet Kantorow und Harding extrem präsent und markant, das Zwiegespräch verlief stimmig und spannend. Im letzten Satz dann übertrafen sich alle noch einmal und spielten dieses Rondo Vivace mit viel Einsatz und Wertschätzung, so dass Beethovens Humanismus in jedem Moment spürbar war.