Eine der Reihen der Philharmonie Luxemburg nennt sich schlicht Soirées de musique de chambre. Dass damit keine seichte Unterhaltung verbunden ist, sondern hochkarätige Werke in starker Besetzung, konnte Mitarbeiter Uwe Krusch am Montag erleben.
Wie beim Vorgespräch mit dem Klarinettisten Andreas Ottensamer deutlich wurde, war er zur Gestaltung des Abends gefragt worden und hatte aus seinem Freundeskreis solche Musikerinnen und Musiker ausgewählt, mit denen sich ein abwechslungsreiches Programm gestalten lassen konnte. Dabei hatten sie nachträglich sogar noch die ‘Ouvertüre’ geändert.
Hatte die Geigerin Vilde Frang ursprünglich eine Sonate von Ysaÿe vorgesehen, hatte sie sich schliesslich für die auf den ersten Blick für eine Soirée so geeignete Komposition `Ferdinand der Stier´ auf einen Text von Munro Leaf festgelegt, den Alan Ridout mit im besten Sinne artistischen und zugleich hochmusikalischen Tönen illustriert hat. Die Violine hat dabei eine mit allen technischen und darstellerischen Raffinessen bestückte Partitur zu bewältigen. Das war erkennbar eine Herzensangelegenheit von Vilde Frang, dieses Pretiose erklingen zu lassen. Doch die beste spielerische Darstellung ist in diesem Fall nichts ohne den Sprecher, der die Geschichte dazu deklamiert. Da Frang den französischen Text wollte, bot sich hier der Pianist des Abends, Julien Quentin an, der sich seiner Muttersprache bedienen konnte. Sicher ist er kein ausgebildeter Schauspieler, aber seine Hingabe an den Text, das Zusammenwirken mit der Geigerin und die Ausgestaltung machte jeden insoweit professionellen Mangel wett.
Im weiteren Verlauf gab es dann nur noch Musik in wechselnden Besetzungen. Das selten zu hörende Trio von Zemlinsky in der Besetzung für Klarinette, Cello und Klavier, gefolgt von der 1. Rhapsodie für Klarinette und der Cellosonate, jeweils mit Klavier, von Debussy, bevor die ‘Kontraste’ von Bartók den Abschluss bildeten. Fehlte in dieser Komposition das Cello, so durfte Nicolas Altstaedt für die Zugabe, einen Satz aus Ma mère l’oye in der Fassung für diese Quartettbesetzung nochmals hinzukommen.
Wenn vier gereifte Solisten höchster Qualität zusammen kommen, dann zeigen sich auch die Unterschiede in der Gestaltung sowie auf der anderen Seite das gegenseitige aufeinander Eingehen und Reagieren.
Der Cellist Nicolas Altstaedt überzeugte mit der größten Varianz an Ausdrucksmitteln und Farbnuancen. Ob nun in der Cellosonate, beim Trio oder auch in der Zugabe wusste er ein anregendes Mix aus markantem Zugriff und weichem Wohlklang zu erzeugen.
Vilde Frang hatte insofern den schlechteren Part gezogen, als ihre Anteile mehr technische Raffinesse und weniger Schönheit verlangten. Aber auch in diesem Kontext konnte sie mit ebenso virtuosem Aplomb wie zartfühlender Leichtigkeit agieren.
Julien Quentin, der inklusive seiner Sprechrolle ununterbrochen beschäftigt war, konnte das Piano insbesondere am Anfang und auch wieder am Beginn der Cellosonate so deftig attackieren, dass er an diesen Stellen wie eine übermächtige Kraft daherkam. Insgesamt aber zeigte er ein abgestimmtes sensibles Eingehen auf die Musik und seine Mitspieler.
Verbleibt schließlich Andreas Ottensamer. Sein Spiel kann man auch als klarinettengenuin bezeichnen. Er schwelgt in runden obertonreich gefärbten Klangwolken, die immer ein wunderbares, manchmal weniger konturiertes Spiel erzeugt, das den markanten exakt markierten Tonverlauf und die Attacke nicht im Vordergrund sieht. Auch ist seine Phrasierung erstaunlicherweise wenig exaltiert und verbleibt in eher fließenden Linien. Insofern unterscheidet er sich etwa von früheren Größen diese Instruments wie Eduard Brunner, die deutlich markantere Töne bevorzugten.
Zusammen entwickelten die vier Musiker mit diesen nicht alltäglich zu hörenden Werken eine solche Palette, wie man sie an einem Abend selten zu hören bekommt. Dickste Romantik im besten Sinne bei Zemlinsky in Erinnerung an Johannes Brahms, feinste französische Farben und Nuancen bei Debussy, Witz, Charme und Artistik bei Ridout sowie Folklore in der Auseinandersetzung mit der Kunstmusik bei Bartok zeugten von den nahezu unbeschränkt wirkenden Fähigkeiten und dem ungezwungen engen Verhältnis der Beteiligten zueinander.
Ein von Leckerbissen geprägter Abend in der Hand von großen Musikern zeigte einmal mehr, dass eine Soirée nicht oberflächlich sein muss und trotzdem – oder gerade deswegen – einen großen und bleibenden Eindruck hinterlässt.