In der Konzertreihe mit jungen Künstlern, die von der ECHO-Vereinigung der Konzerthallen mit großen Erwartungen im Hinblick auf ihren künstlerischen Stand und die Entwicklung nominiert werden, trat das Simply Quartet auf. Uwe Krusch war für Pizzicato dabei.
Die jungen Musiker haben vor gut zehn Jahren das Ensemble gebildet und tatsächlich schon eine beeindruckende Reife erreicht. Mit der Kombination aus einer österreichischen Geigerin, Antonia Rankersberger, dem norwegischen Cellisten Ivan Valentin Hollup Roald und zwei Musikern aus China boten sie schon aus dieser Mischung heraus inspirierende Ansätze, die auch im Konzert eine Rolle spielten.
Das geschah zum einen schon äußerlich erkennbar mit dem neuen Werk un:fold der österreichischen Komponistin Julia Lacherstorfer. Aber vermutlich führt diese kulturelle Mischung schon vorab bei der Erarbeitung von Interpretationen zu einem Austausch, der manchen Blickwinkel öffnet, den andere so nicht haben mögen.
Das 19. Quartett von Mozart, mit dem Beinamen Dissonanzenquartett, stand am Anfang des Programms. Und es zeigte sofort, dass diese Vier ein intensives Miteinander zu Musik fügen können, ohne dass die nonverbale Kommunikation besonders ausgeprägt wäre. Gerade Primarius Danfeng Shen pflegte die Asiaten gerne nachgesagte maskenhafte Mimik bzw. keine erkennbare. Sein Landmann Xiang Lyu an der Bratsche war relativ dazu mit seiner deutlichen Mimik der Klassenclown. Wobei man dies eigentlich nur als intensiv, nicht negativ verstehen sollte.
Ihre Darbietungen lebten einerseits von der frisch intensiven Herangehensweise der Jugend, aber auch genauso von einer fein durchwobenen Gestaltung, die eine qualitätsvolle und gestaltende Probenarbeit vermuten ließ. Wenn man denn an ihrem Mozartbild etwas aussetzen wollte, dann eben, dass man es auch noch feingliedriger hätte hören mögen. Dagegen könnte man dann einwenden, dass das Feuer der Jugend einem arrivierten Antritt vorzuziehen war.
Auch bei der Zugabe, dem Scherzo aus dem zweiten Quartett op. 44 von Felix Mendelssohn-Bartholdy wäre ein wenig mehr Sommernachtstraum-Sensitivität denkbar gewesen. Immerhin ist der Satz über weite Strecken im Piano komponiert. Aber diese Feststellungen sind graduelle Anmerkungen zu einem äußerst gelungenen Abend.
Beim letzten Quartett von Antonin Dvorak führten die vier Musiker ihre Stimmen dann wieder so zusammen, dass sie eine Gemeinsamkeit formulierten, aus der immer nur die führende Stimme gerade so herausgehoben wurde, dass man sie mühelos erkennen konnte, sie aber nicht abgehoben wie die über dem Feld schwebende Lerche artikulierte. Sehr überzeugend gelang ihnen auch die überzeugende Grenzwanderung, die Musik mit der Prise volksmusikalischem Charme, aber nicht übertreibend volkstümlich anbiedernd zu lesen.
Das dazwischen eingefügte Werk un:fold von Julia Larcherstorfer war dann ihr Beitrag an moderner Musik, den jeder Künstler dieser Reihe mitbringt. Dazu hatte die Komponistin eng mit den Musikern zusammengearbeitet und so ihre unterschiedlichen kulturellen Hintergründe einbeziehen können. Entstanden ist ein Werk, dass für die Zuhörer wenig fordernd im Sinne moderner Töne ist, aber stattdessen einen grazilen Charme und Witz entfaltete. Das Stück hat aber aus meiner Sicht aber auch den ganz großen Nachteil, dass es genau wegen dieser maßgeschneiderten Zubereitung gewissermaßen eine Eintagsfliege ist. Denn die Musiker stellten sich, neben dem Spiel ihrer Instrumente, auch verbal vor. Neben einigen Worten zur Herkunft und Anekdoten aus der Kindheit wiesen sie jeweils auf ein Volkslied ihrer Heimat hin, dass dann gespielt wurde. Das funktioniert dann nur beim Simply Quartet und auch nur solange, bis es ggf. eine Umbesetzung gibt.
Die leider noch zu wenigen Zuhörer konnten ein Konzert mit bester Streichquartettkultur genießen, das auch ein Repertoire ein wenig abseits der Routine bot, kein Haydn, kein Beethoven, kein Schubert etwa. Die hohen Erwartungen der Nominierenden an das Ensemble wurden zumindest vorerst bestätigt. Das bleibt hoffentlich keine Eintagsfliege.