Nach der Oper Theodora von Georg Friedrich Händel erklang nun innerhalb kurzer Zeit ein weiteres großes Werk dieses Komponisten in der Luxemburger Philharmonie, nämlich ‘L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato‘. Uwe Krusch berichtet.
Zu Händels Lebzeiten mit 33 belegten Aufführungen sehr beliebt, war ‘L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato‘ lange vergessen. William Christie und sein Ensemble Les Arts Florissants belebten es nun auf ihre Weise.
Mit den drei vorgestellten Zuständen der menschlichen Natur, also dem Fröhlichen, dem Nachdenklichen und dem Maßvollen, komponierte Händel Musik zu den allegorischen Darstellungen aus den Federn von John Milton sowie Charles Jennens. Mit kreativer Kraft setzte Händel die bildhaften Texte so sensibel nachzeichnend in Musik um, dass er sowohl plakative Teile, wie die mit virtuosen Hornpassagen unterlegte Jagd als auch emotionale Stimmungsbilder der philosophierenden Gedankenwelten schuf. Mit der Besetzung für Orchester, Chor, Sopran, Knabensopran, Tenor und Bass gab er dem formell kaum einer Werkkategorie zuzuordnenden Werk eine auch nicht ganz alltägliche Besetzung.
Das Instrumentalensemble Les Arts Florissants agierte in dem immer wieder mit aufmunternder und auch verschmitzter Mimik durchgehend aufmerksam agierenden William Christie mit großer Agilität, Feinheit und Zuwendung. Konzertmeister Emmanuel Resche konnte ebenso ein Solo beisteuern wie Serge Saitta im sich anstachelnden Zwiegespräch über den Nachtigallengesang mit der Sopranistin Rachel Redmond seine Wendigkeit und sein Können bewies. Glen Borling wusste sein Naturhorn mehr als makellos zum Klingen zu bringen und konnte ebenfalls überzeugend die Jagd hörbar machen. Nicht zu vergessen Cellist David Simpson und Beatrice Martin an Cembalo und Orgel, die genauso Akzente setzten.
Der Chor von Les Arts Florissants wirkte dieses Mal nicht ganz auf der gewohnten Höhe bzw. musste sich erst ins Geschehen hineinfinden.
Die Gesangssolisten gewinnt Christie immer wieder aus dem Förderprogramm Jardin de Voix, aber nicht ausschließlich. Die beiden am meisten im Werk eingesetzten, die Sopranistin Rachel Redmond, und der Tenor James Way haben dort ihre ersten Schritte absolviert, sind aber nunmehr ebenso etabliert wie der Bassist Sreten Manojlovic. Der Knabensopran von den Sankt Florentiner Sängerknaben ergänzte diese Riege. Um mit dem Jungen anzufangen, darf man sagen, dass die Kinderstimme den Darbietungen eine besondere Note verleiht, der man auch gewisse Fehler wie einen nicht sauber getroffenen Ton bei einem großen Intervallsprung sicherlich eher verzeiht. Mit in die Hüften gestemmten Händen und einem verschmitzten Lächeln konnte er darüber hinaus für sich selbst Sicherheit gewinnen und auch die Herzen des Publikums erobern. Manchmal wirkten seine Bewegungen fast schon zu selbstsicher, also in Richtung Arroganz, was auch aus Unsicherheit oder falsch verstandener Darstellung folgen kann. Auch eine Aktion wie der Tritt in den Allerwertesten der Sängerin, um im Stück diese Seite der menschlichen Natur zu vertreiben, mag von Bösmeinenden als rassistische oder sexistische Äußerung zu Lasten der farbigen Sängerin missdeutet werden; eine nicht ganz geglückte Regieanweisung.
Die Sopranistin Rachel Redmond hatte die größte Partie zu bewältigen und wusste diese mit viel stimmlicher Bandbreite und gestalterischer Variabilität umzusetzen. Das sehr angenehme Timbre verlieh ihr zusätzlich sängerische Attraktivität. James Way mit lausbubenhaftem Gesichtsausdruck bewältigte mit seiner sicheren, gemäßigt starken Tenorstimme den Grad zwischen starkem Ausdruck und erzählender Komponente. Vom Komponisten wenig bedacht, war die Bassstimme mit Sreten Manojlovic passend besetzt, um die tiefgründige, aber nicht nachtschwarze Partie zu absolvieren.
In Erinnerung an die kürzlich zu hörende Theodora hinterließ diese Aufführung einen nicht ganz so nachhaltigen Eindruck. Aber auch sie zeigte mit vorzüglichem Einsatz der Beteiligten eine weitere Facette des Komponisten Händel, deren Wiederentdeckung die Breite seiner kompositorischen Möglichkeiten beleuchtet. Nur mit Blick auf seine Armbanduhr konnte Christie das heftig applaudierende Publikum an weiteren Vorhängen hindern, was nach zwei Stunden Spielzeit auch verdient war.