In der Reihe ‘Musiques d’adjourd’hui’ war das ‘Trio Catch’ im Kammermusiksaal der Luxemburger Philharmonie zu Gast. Die Besetzung für Klarinette, Cello und Klavier ist in der Musikwelt auch schon seit Beethoven und Brahms bekannt und findet sich auch bei anderen Namen wie Eberl, Genzmer, Nörgard und Ries. Vollkommen im hier und jetzt angekommen war das ‘Trio Catch’ mit einer Uraufführung und drei weiteren Werken aus diesem Jahrtausend. Pizzicato-Mitarbeiter Uwe Krusch war dabei, als die drei Musikerinnen ihr jüngstes Projekt vorstellten.
Das erste Werk ‘contención, cautiverio’, die Uraufführung eines Auftragswerks der Philharmonie, stammte von Irene Galindo Quero. Diese mehrschichtige viertelstündige Komposition offenbart sich dem Zuhörer nur partiell. Eine Ebene ist den Musikern der Aufführung vorbehalten. Über Kopfhörer trägt ein Tonband die Stimme von Gabriela Mistral vor, die ihr Gedicht ‘una palabra’ (ein Wort) in ihrer chilenischen Mundart, also Spanisch, liest. Der gestaltete Verlauf dieser Rezitation ist die gleichzeitig maßgebend für die Musik, die die Interpreten zu spielen haben. Statt Taktstrichen haben sie auf den Text zu hören. Dass im Fall des ‘Trio Catch’ alle Interpretinnen Spanisch nicht mal als Fremdsprache sprechen, hat die Erarbeitung des Werkes nicht erleichtert. Für den Zuhörer werden neben der weitgehend im leisen Duktus verbleibenden Musik noch weitere Laute und Geräusche wie Naturstimmen und das Rauschen des Windes Mistral zugespielt und ebenso klopfen die Interpreten auf Mikrofone bzw. atmen und hauchen in dieselben. Dieser mehrere Ebenen umfassende Unterbau erschloss sich für eine Handvoll Frühkommer im Einführungsgespräch der mit der Komponisten deutlicher als durch die Erläuterungen im Programmheft.
Das Werk selber, übrigens mit Bassetthorn an Stelle einer Klarinette, fand dann nur begrenzt Zugang zu den inzwischen in größerer Zahl eingetroffenen Zuhörern. Der Applaus für das konstruierte Werk, die Interpretation und die Musikerinnen war freundlich, aber nicht überschwänglich.
Diese Haltung blieb das Konzert über erhalten, wenige Zuhörer suchten schon zwischendurch das Weite. Das waren vielleicht diejenigen, die aus Versehen in diese Veranstaltung geraten waren, wobei das ja auch kaum vorstellbar ist. Sei es drum, die haben dann noch den spannenden Rest verpasst.
Es folgten zwei Kompositionen mit jeweils weniger als zehn Minuten Spieldauer. Rolf Riehm hat, als einziger männlicher und deutlich ältester Komponist des Abends, mit ‘Fioretti Within My Bosom’ ein Stück geschrieben, dass eine melodische Linie verfasst, die bei Bachs „Ich hatte viel Bekümmernis in meinem Herzen“ anlehnt und mit reichen Verzierungen, also Blütenwerk, eben ‘Fioretti’, ausstaffiert ist.
Ebenso kurz war ‘„sugarcoating #2’ von der ebenfalls anwesenden Sara Glojnaric. Diese hatte in der Einführung ihre Herkunft aus der Popmusik angesprochen. Aus dieser Welt stammt auch der Ausgangsstoff, nämlich einer Metadatenbank mit frei verfügbaren Daten aus der Popmusik. Der Titel ist dabei eben nicht, das was er bedeutet, das Beschönigende, sondern eher eine Feldforschung, was digitale Daten auslösen und bedeuten. So kurz dieses Werk war, so hatte es doch die größte unmittelbar verständliche Wirkung auf die Zuhörerschaft. Mit extremen dynamischen Unterschieden sowie harten hämmernden perkussiven Elementen ist es vielleicht auch schroff und erschreckend, aber es bezieht auch Stellung.
‘Sound-Archeologies’ von Isabel Mundry ist nicht nur eines der Lieblingswerke des Trios, sondern mit seinen Fragen zu der Möglichkeit, ob und wie sich Musik zu aktuellen politischen Themen verhalten kann und diese beeinflusst. Dabei erforscht sie zunächst nur die kulturelle Geschichte.
Das ‘Trio Catch’ wusste jede dieser so grundlegend verschiedenen Musiken überzeugend darzulegen. Ob normales oder präpariertes Klavier, Klarinette oder Bassklarinette, nur das Cello blieb sich treu, die drei Musikerinnen waren jeder dieser neuen Kompositionen sowohl technisch als auch musikalisch mit leichter Hand gewachsen. Sie tauchten in jede dieser Welten mit Sorgfalt und Hingabe hinein. Dass gerade die Uraufführung eine auch für eingespielte Musiker ungewohnte Herausforderung ist, konnte man nur dem Vorgespräch entnehmen. Im Konzert spielte das Trio die Komposition so ausgefeilt, dass die Schwierigkeiten nicht hörbar wurden.
Mehrere Ziele hat sich das Trio Catch gesetzt. Dazu gehört es, die unterschiedlichen Instrumente und ihre Klangfarben zusammen zu fügen. Dazu gehört es auch, wie in diesem Konzert, Werke, die völlig voneinander abweichender Gestalt sind, trotzdem sinnvoll in einen zusammenhängenden Klangkontext zu stellen. Das gelang ihnen auch in diesem Konzert, in dem sie einen weiten Bogen spannen konnten. Allerdings konnte man den Eindruck gewinnen, dass das Publikum, dem man wohl zumeist unterstellen darf, dass es sich bewusst für ein derartiges Konzert entscheidet, sich von dieser Darbietung nicht bis in die Haarspitzen anstecken ließ. Insofern muss man wohl unterstellen, dass die in Namen des Trios angelegte Absicht, das Publikum gefangen zu nehmen, nicht ganz aufgegangen ist, Schade eigentlich bei einem so intensiven Abend.