In der Reihe Grands classiques wurde wirklich ein klassisches Programm im besten Sinne geboten, das Wellness für Ohren nach allen Regeln der Kunst bot. Uwe Krusch für Pizzicato hat das Wohlfühlprogramm mit größtem Vergnügen genossen.
Der Begriff Klassik ist im Sinne der Wiener Klassik auf die Namen Haydn, Mozart und Beethoven fokussiert. Aus dieser Trias bot das Konzert von Beethoven die Große Fuge op. 133 und von Mozart die Symphonie D-Dur KV 504, die unter dem Namen Prager bekannt ist. Die Große Fuge, zunächst als Abschlusssatz des Streichquartetts op. 130 entstanden und später als eigenständiges Werk mit einer Opus-Zahl versehen, wurde von Beethoven selber auch als Fassung als Streichorchester gesetzt. Wegen des Ausmaßes und der herausfordernden Struktur ist es für alle Beteiligten anspruchsvoll. Doch erwiesen sich Orchester und Dirigent von Anfang an als hellwach und bestens präpariert. Mit einer hochkonzentrierten Darbietung machten sie das Werk nicht zu einer leichten Kost, aber einer bestens verdaulichen, die sofort für die Musiker einnahm.
Beschlossen wurde der Abend mit der Prager Symphonie. Dieses Werk von Mozart zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Neben der ausgeprägten und dezidiert ausgearbeiteten Einleitung ist es beispielsweise die Dreisätzigkeit. In dieser Zeit noch üblich, gibt es kein Menuett. Dabei vermisst man diesen Satz auch gar nicht, weil die übrigen Sätze für sich allein einen geschlossenen Kosmos bilden. Das Orchester musste bei diesem feinen Werk von seinem Dirigenten Daniel Harding gar nicht wirklich dirigiert werden. Vielmehr musste er als Stichwortgeber das ohnehin hochengagierte Ensemble zu dessen Spielfreude nur inspirieren. So zauberten sie eine mitreißende Interpretation in den Saal, die an inspirierter Leichtigkeit und technischer Qualität aber auch wirklich keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Der Mittelpunkt des Abends war auch, trotz der beiden herausragenden Leistungen bei den beiden anderen Werken, der Höhepunkt. Fünf ausgewählte Lieder von Franz Schubert in Arrangements von verschiedenen Bearbeitern, dabei so bekannte Namen wie Max Reger und Anton Webern. Mit der Musiksprache von Franz Schubert geht es über die Wiener Klassik hinaus. Seine Lieder atmen die Stimmungen der zugrundeliegenden Gedichte und illuminieren diese von hauchzart bis kraftvoll. Dass das Orchester mit weitgespannter Variabilität zu gestalten weiß, war nach dem Einstieg mit Beethoven zu hoffen bzw. zu erwarten. Doch wurde diese noch mal übertrumpft vom Solisten des Abends, dem Bariton Matthias Goerne. Dieser Sänger hat gerade bei Schubert ein untadeliges Gefühl für den Stil, die Nuancen und den Text, und so kann er denn auch genauestens die Gestaltung der Lieder verfolgen und ihre jeweilige Stimmung und Emotionen nachvollziehen. Fast schade, dass das erste dargebotene Lied, des Fischers Liebesglück in der Fassung von Alexander Schmalcz, den eindrücklichsten Eindruck hinterlassen hat.
Höchste Interpretationskunst, fokussiert auf ein überschaubares anspruchsvolles Programm ohne verwässernde Zugaben, ist eine tolle Visitenkarte für Daniel Harding und seine mit ihm Agierenden. Es war eine überzeugende Leistung, die die Auswahl zu dem Artist in Residence verständlich machte.