Das Belcea Quartet zu Gast in der Philharmonie in Luxemburg, was kann es da anderes geben als Quartettspiel vom Feinsten, fragt Uwe Krusch für Pizzicato?
Und das war dann bereits mit dem letzten der Quartette von Wolfgang Amadeus Mozart sowie mit dem ersten von Karol Szymanowski und dem Quartett ‘Der Tod und das Mädchen’ von Franz Schubert. Trotz dieses schon intensiven Programms legten die Vier noch eine veritable Zugabe auf, nämlich den langsamen Satz aus dem ersten Quartett von Johannes Brahms.
Im Quartett von Mozart ist der konzertierende Charakter gleichmäßig auf alle vier Stimmen verteilt. Das Werk ist in aufgelockert-virtuoser Struktur und weniger kontrapunktisch-dicht als etwa die ‘Haydn-Quartette’. Hier entfaltet sich das ‘Gespräch von vier vernünftigen Leuten’ (Goethe) so ausgewogen wie nur möglich. Die klassische Balance der Stimmen ersetzt die harmonischen Experimente aus früheren Jahren.
Wenn man dem Belcea Quartet zuhörte, konnte man genau diese Elemente verfolgen. Die gleichartige Behandlung der Stimmen wurde schon hier, aber auch in den anderen Werken, auch dadurch vermittelt, dass Primeria Corina Belcea nur dort wirklich aus dem Stimmgeflecht herausragte, wo ihre Stimme eine solche Bevorzugung verdiente und ansonsten nur aufgrund ihrer höheren Stimmlage herauszuhören war, in das sie sich ebenbürtig einbettete. Und im Ablauf hob sich mal der eine und dann der andere hervor, ganz wie es die Musik erforderte. Ansonsten schafften sie ein ebenso dichtes wie transparentes Gewebe, dass sie mit viel Ausstrahlung und Wärme ausbreiteten.
Dabei gelang es dem Quartett auch, die Musik lebendig und natürlich in den Saal zu tragen, wobei sie auch durchaus schroffe und starke Formulierungen, die das übliche Mozartbild aufrauten. Doch sie dosierten so gekonnt, dass keine Künstlichkeiten oder Übertreibungen erklangen. Es blieb alles musikalisch ab- und ausgewogenen und trotzdem extrem spannend und inspirierend. Und das blieb so von der ersten bis zur letzten Note.
In der Mitte des Programms erklang das erste Quartett von Karol Szymanowski. Das Werk steht am Übergang vom impressionistischen zum volkstümlichen Stil, wie in Szymanowski später verfolgte. Das Quartett zeigt als erste Besonderheit, dass es nur drei Sätze hat. Den geplanten vierten hat Szymanowski nicht mehr realisiert. Der dritte Satz ist insofern besonders, als alle vier Stimmen eine unterschiedliche Tonart haben. Auch dieses modernere Stück erfuhr in den Händen von Belcea eine so stringent durchdachte und gleichzeitig auch so frei und flüssig sich gebende Interpretation, dass diese Deutung so überzeugend war, dass man sich gar nicht vorstellen konnte, wie es anders hätte klingen können. Es kann nur so sein, meinte man.
Am Ende des offiziellen Programms erklang dann das schon wegen seines Titels, aber eben auch wegen der kompositorischen Vollendung so bekannte Quartett in d-Moll von Franz Schubert. Nach den großartigen Interpretationen vor der Pause gelang es dem Belcea Quartet sogar noch, in den vierzig Minuten noch einmal neue Energien und Qualitäten freizusetzen und auch dieses Werk mustergültig zu präsentieren. In der richtigen Mischung aus technischer Beherrschung, struktureller Darstellung und emotionaler tiefenpsychologischer Beschreibung gaben sie der Komposition alles, was das Publikum zu intensivstem Beifall musste, um dem Gehörten gerecht zu werden.