In seinem Vortrag vor dem Konzert skizzierte Loll Weber an einigen ausgewählten Beispielen die Geschichte des Philharmonischen Orchesters Luxemburg (OPL) seit den Anfängen im Jahre 1933 bis heute. Seine Hommage endete mit dem persönlichen Hinweis, dass er das OPL für eines der besten Orchester mindestens Mitteleuropas halte. Ob man dieser generellen Bewertung folgen will, ist zu diskutieren. Aber wer am Freitag in der Philharmonie in Luxemburg das aktuelle Konzert miterleben durfte, kann diese Ansicht mindestens für das aktuelle Konzert bestätigen, meint Pizzicato-Mitarbeiter Uwe Krusch.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem Frühwerk ‘Im Sommerwind’ von Anton Webern. Dieses Idyll für großes Orchester ist ein Frühwerk des später atonal und als Zwölftöner komponierenden Protagonisten der Zweiten Wiener Schule, das noch einer anderen Welt verhaftet ist, nämlich der spätromantischen. Die auch in der Besetzung weit gefasste Musik nimmt Anleihen bei den großen Beispielen, also Mahler und Strauss. Die facettenreich gesetzte Komposition gibt allen Mitgliedern des Orchesters reichlich Gelegenheit, ihr Können in das Gesamte einzubringen. Davon machten insbesondere die Solisten in den Bläserregistern reichlich Gebrauch. So gelang es dem OPL mit Gustavo Gimeno eindrucksvoll, diesen Baustein in der Entwicklung von Anton Webern mit allen Raffinessen auszuleuchten.
Die geradezu mustergültige Interpretation der Wesendonck-Lieder aus Richard Wagners Feder schloss sich an. Mit Anja Harteros hatte das Hausorchester bereits vor einigen Wochen in Deutschland dieses Werk aufgeführt. Somit durfte man ein gut eingespieltes Team erwarten. Das war dann auch der Fall. Den fünf Liedern wird aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte eine schwüle Atmosphäre zugesprochen. Zumindest an diesem Abend stand eine große Intensität im Mittelpunkt und nicht eine eingebildete oder echte Schwüle. Anja Harteros wird mittlerweile in allen ihren Auftritten für ihre dramatische Stimme, die sie gleichzeitig souverän und kontrolliert einzusetzen weiß wie sie auch mit emotional dichter Ausdruckskraft ihre Partien gestaltet, mitunter sogar hymnisch gelobt. Auch in der Philharmonie bestätigte sie ihre Qualitäten. Im eingespielten Auftritt mit dem OPL konnten beide Seiten davon profitieren, so dass eine die Sinne berührende und gleichzeitig technisch hervorragende Realisation bieten konnten.
Den Abend beschloss die Symphonie von César Franck. Dieses in mancher Hinsicht für eine Symphonie ungewöhnliche Werk erfuhr ebenfalls eine mit großer Zustimmung zu hörende Darstellung. War das erste Konzert unter Gimeno noch mit dem Begriff Apathie belegt worden, so konnte man diesem Auftritt zum Glück dieses Attribut nicht anheften. Wenn auch Gimenos Dirigat mit geschwungenen Armbewegungen, bei denen oft beide Hände parallel geführt werden, rein optisch keine Besonderheiten lieferte, so war doch das Ergebnis spannend. Das Orchester folgte ihm engagiert und präzise. So wurden die quasi sekündlichen Harmoniewechsel in dem Werk ebenso sauber intoniert wie auch die drängende Disposition der drei Sätze mit überzeugender Verve über die Kante des Podiums gebracht.
Vielleicht ist dieses Werk nicht das technisch Anspruchsvollste, mit dem sich ein Orchester darstellen kann. Aber die Dichte der Komposition erfordert trotzdem ein feines Disponieren der Gewichtungen, und das gelang deutlich und durchhörbar. Wiederum durften die einzelnen Register und die Stimmen im Orchester ihre Qualitäten unter Beweis stellen. Was nach wie vor geblieben ist, ist der etwas zurückhaltend wirkende Auftritt des Dirigenten. Aber man kann das auch als bodenständig und damit durchaus angenehm sehen.
Das Publikum dankte mit intensivem und warmem Applaus. Die nicht überbordende Besetzung im Zuschauerraum im Gegensatz zu manchem Eventkonzert zeugt davon, dass sich die wachsende Qualität des großen heimischen ‘Orchestre Philharmonique du Luxembourg’ noch nicht überall herumgesprochen hat.